Keine Lösung im Konflikt zwischen Armee und Milizionären im Sudan in Sicht

Wad Madani. Seit Mitte April dauert der blutige Machtkampf zwischen der Armee von Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan und der RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Dagalo im Sudan bereits an. Tausende Menschen wurden in den Kämpfen seither getötet, Millionen von Menschen flüchteten. Vier Monate später ist weiterhin kein Ende des Konfliktes in Sicht.



Als die Kämpfe am 15. April begannen, gab sich al-Burhan sicher, dass sie "innerhalb von zwei Wochen" vorbei sein würden. Sein Rivale Dagalo äußerte sich genauso siegesgewiss. Doch keiner der Konfliktparteien gelang es seither, die Oberhand zu gewinnen. Leidtragende sind die Bewohner des Landes. Beiden Konfliktparteien werden Kriegsverbrechen vorgeworfen.



Die Armee hat die Hauptstadt Khartum an die paramilitärische RSF verloren, die die Bevölkerung terrorisiert. Der Armee gelang es im Gegenzug im Juli zwar, die Autobahn zwischen der Hauptstadt Khartum und der RSF-Bastion Darfur zu blockieren, aber selbst das konnte den Nachschub an Truppen und Waffen für die RSF nicht unterbrechen, sagen Militärexperten.



"Die Armee dachte, sie kenne die Schlagkraft der RSF genau", sagt Militärexperte Mohammed Abdelkarim. Doch die RSF habe sich rasch auf einen lang andauernden Konflikt eingestellt, die Einfallstore nach Khartum erobert und Nachschublinien gesichert, sagt ein früherer Armeeoffizier. Die Armee dominiert den Luftraum und führt regelmäßig Luftangriffe auf die Hauptstadt aus. Ihr fehle aber die starke Infanterie der RSF, die "nötig ist, weil der Krieg vor allem in den Städten stattfindet", sagt Militärexperte Abdelkarim.



"Die Armee hat die Infanterie jahrelang vernachlässigt", sagt auch der ehemalige Armeeoffizier, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will. Stattdessen habe sie andere Truppen für ihre Kriege angeheuert - darunter die RSF, den jetzigen Konfliktgegner. So stützte sich die sudanesische Armee lange Zeit auf die islamistische Miliz Popular Defence Forces, und im 2003 begonnenen Konflikt in Darfur setzte der damalige Präsident Omar al-Baschir auf die Dschandschawid-Miliz, aus der später die RSF hervorging.



Da die Armee keine Kontrolle über Khartum hat, "ist ihr Anspruch, die Regierung zu vertreten, in Frage gestellt", sagt der Sudan-Experte Alex de Waal. Die RSF wiederum habe "das, was sie auf dem Schlachtfeld gewonnen hat, auf der politischen Bühne verloren". Durch ihre "abstoßenden Übergriffe" habe die Miliz jegliche Sympathien in der Bevölkerung verspielt.



Militärmachthaber al-Burhan hat nach Einschätzung von de Waal zwar bislang politisch die Oberhand, aber eigentlich "nur durch Zufall". Er habe sich bislang "weder politisch profiliert noch Führungsqualitäten gezeigt, und es ist nicht klar, ob es ihm gelingen wird, seine Clique von streitsüchtigen Obersten unter Kontrolle zu halten".



Was als Kampf zwischen zwei Generälen begann, könnte sich nach Einschätzung der Vereinten Nationen zu einem umfassenden Bürgerkrieg entwickeln. Die Armee habe auf der Suche nach Verstärkung inzwischen "Islamisten die Tür geöffnet", sagt der ehemalige Armeeoffizier, der anonym bleiben will. Die RSF wiederum hat nach den Worten eines Milizionärs Kämpfer arabischer Stämme aus der Darfur-Region angeheuert.



An Geld dürfte es Dagalo dank mutmaßlicher Verbindungen zu den Goldminen des Landes nicht mangeln. Die Vereinigten Arabischen Emirate versorgten Dagalo als größter Abnehmer von Gold aus dem Sudan "Berichten zufolge weiter mit Waffen", sagt Experte de Waal.



Militärmachthaber al-Burhan wiederum wird von Ägypten und der Türkei unterstützt. Diese Verbündeten "reden über Frieden, während sie ihre Lieblingskunden bewaffnen", sagt de Waal. "Das könnte sich noch Jahre hinziehen", warnt ein westlicher Diplomat über den Sudan-Konflikt. (AFP)