Getrübte Freude

In Nairobi wurde am Sonntag (9.1.) ein Abkommen unterzeichnet, das den längsten Bürgerkrieg Afrikas beenden soll. Wird dieses Abkommen Sudan Frieden bescheren oder wird es wie seine Vorgänger Tinte auf dem Papier bleiben? Ahmad Hissou kommentiert.

In der kenianischen Hauptstadt Nairobi unterzeichneten am letzten Sonntag (9.1.) der sudanesische Vizepräsident Ali Osman Taha und der Führer der Volksbefreiungsbewegung (SPLM) John Garang ein Friedensabkommen, das den längsten Bürgerkrieg Afrikas offiziell beenden soll. Wird dieses Abkommen Sudan Frieden bescheren oder wird es wie seine Vorgänger Tinte auf dem Papier bleiben? Ahmad Hissou kommentiert.

Der sudanesische Vizepräsident Ali Osman Taha und der Führer der Volksbefreiungsbewegung John Garang, Foto: AP
Der sudanesische Vizepräsident Ali Osman Taha und der Führer der Volksbefreiungsbewegung John Garang

​​Die Freude ist groß, aber getrübt. Sie ist groß, weil das in Nairobi unterzeichnete Abkommen einen der am längsten währenden Bürgerkriege auf dem afrikanischen Kontinent beenden soll, der mehr als zwei Millionen Menschen das Leben gekostet hat.

Getrübt wird die Freude jedoch, weil in anderen Regionen Sudans nach wie vor ein Bürgerkrieg tobt. Wäre ein solches Abkommen zu anderen Zeiten unterschrieben worden, wäre die Freude vollkommen gewesen und man hätte behaupten können, dass Sudan endlich von der Gewalt zum Frieden gefunden habe.

Seit dem Putsch der Islamisten unter Führung von Hasan al-Turabi und Omar al-Baschir im Jahr 1989 gegen die demokratisch gewählte Regierung von al-Sadiq al-Mahdi haben im Sudan große Veränderungen stattgefunden.

Der Konflikt besteht nicht mehr nur zwischen dem muslimischen Nord- und dem christlich und animistisch geprägten Südsudan, denn in der von Muslimen bewohnten Provinz Darfur in Westsudan toben seit 22 Monaten bewaffnete Kämpfe, die bisher 70.000 Todesopfer gefordert und zur Vertreibung von mehr als eineinhalb Millionen Menschen geführt haben.

Aber nicht nur das: Auch im Osten und in der an Darfur grenzenden Provinz Kordofan sind Aufstände ausgebrochen.

Das Friedensabkommen von Nairobi ist ein Erfolg für den Dialog und für den Druck der internationalen Staatengemeinschaft auf die undemokratische Regierung Sudans. Doch die eigentliche Herausforderung wird in der Umsetzung des Abkommens liegen.

Garang hat, nachdem er am Vorabend der Unterzeichnung mit dem amerikanischen Außenminister Powell zusammengetroffen war, sehr deutlich vor einem Auseinanderbrechen Sudans gewarnt, sofern die geschlossenen Vereinbarungen nicht respektiert werden.

Und genau da liegt das Problem, denn die Respektierung des Abkommens bedeutet, dass alle Beteiligten aus ihrer Haut müssen. Aber dies kann man sich von der islamischen Regierung kaum vorstellen.

Weitere Schwachpunkte dieses Abkommens sind - abgesehen von der Tatsache, dass im Norden weiterhin das Gesetz der Scharia gelten wird -, dass es lediglich zwischen zwei Seiten geschlossen wurde und damit die anderen oppositionellen Gruppierungen ignoriert wurden.

Problematisch ist weiterhin die Eingliederung der Befreiungsbewegung von John Garang in die Regierung al-Baschir, bevor eine Lösung für ganz Sudan ausgehandelt wurde.

Einen Tag vor der Unterzeichnung malte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, ein äußerst düsteres Bild von der Lage in Darfur, indem er darauf hinwies, dass "große Mengen an Waffen in diese Region transportiert wurden".

Wie wird ein zukünftiger Vizepräsident John Garang mit den beiden Aufstandsbewegungen in Darfur umgehen, die bis jetzt seine Verbündeten waren?

Welche Position wird er gegenüber Hasan al-Turabi und seiner Partei einnehmen, dem es auf die eine oder andere Weise zu verdanken ist, dass die Islamisten die Forderungen der Südsudanesischen Rebellenbewegung akzeptierten, nachdem er im Jahr 2001 in Genf einen Handel mit Garang abschloss, wofür al-Turabi bis heute im Gefängnis sitzt?

Die Situation des sudanesischen Präsidenten hingegen scheint sich nach dem Abkommen verbessert zu haben. Er kann nun wohl, damit die Umsetzung des Abkommens nicht gefährdet wird, eine Belohnung durch die Weltgemeinschaft in Bezug auf Darfur erwarten.

Doch obwohl al-Baschir sein Versprechen abgegeben hat, das Abkommen als Modell für die anderen Spannungsgebiete in Sudan zu betrachten, geben die Fakten keinen Anlass zur Ermutigung, hat al-Baschir doch sogar sein Versprechen, die arabischen Janjawid-Milizen aufzulösen, bis heute nicht eingelöst.

Ahmad Hissou

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005