Früherer Großmufti verurteilt Terror und Mohammed-Karikaturen

München. Der frühere Großmufti von Bosnien und Herzegowina und amtierende Präsident des Bosniakischen Weltkongresses, Mustafa Ceric, hat die jüngsten islamistischen Terroranschläge in europäischen Städten scharf verurteilt. "Kein aufrichtiger Muslim würde jemals im Namen Allahs Unschuldige auf der Straße erschießen, sondern nur die falschen", sagte Ceric in der interreligiösen Interviewreihe "Religion matters" der Hanns-Seidel-Stiftung laut dem auf ihrer Website veröffentlichten Gesprächstext (Freitag).

Ceric kritisierte aber auch das erneute Zeigen von Mohammed-Karikaturen in der französische Satirezeitschrift "Charlie Hebdo", das die jüngste Gewaltwelle ausgelöst habe. Die Veröffentlichung sei Ausdruck einer Krise des Laizismus, von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit und würde einen Teil unserer Gesellschaft verletzten.

Ceric, der eine liberalere, europäische Ausprägung des Islams vertritt, fordert in dem Interview eine Reform des Islam. Dieser müsse sich von einer künstlich geschaffenen Theologie befreien. Sie stelle eine schwere Last und nutzlose Gefangenschaft dar, so Ceric. Radikal verändert werden, müsse die muslimische Denkweise, ihre Gewohnheiten, und die historisch bedingte Obsession, die Vergangenheit zu verherrlichen und sich nicht um die Gegenwart und Zukunft zu sorgen, betonte der bosnische Religionsführer.

25 Jahre nach dem Friedensabkommen von Dayton, das den Krieg in Bosnien-Herzegowina beendete, und weiter anhaltenden politischen Spannungen im Land, ruft Ceric Europa dazu auf, sich wieder mehr in dem Balkan-Staat zu engagieren. Solange in Sarajevo Frieden herrsche, befinde sich auch Europa im Frieden.

Den Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten bezeichnet Ceric als ein Problem, das nicht theologischer, sondern politischer Natur sei und von den Großmächten beeinflusst werde.

Angesichts der Corona-Pandemie, die laut Ceric die Menschheit in Angst vereine, appellierte er an die geistlichen Führer, in die Öffentlichkeit zu treten und den Menschen den Sinn und Wert des Lebens zu verdeutlichen. Ceric äußerte aber auch Skepsis, ob die geistlichen Führer heute dazu bereit seien. Sie hätten sich zurückgezogen und zeigten zu wenig die Fähigkeit, um die Verbindung der Menschen Gott aufrechtzuerhalten. (KNA)