Deutsche Journalisten verlassen Türkei - Auswärtiges Amt verschärft Reisehinweise

Der Umgang der Türkei mit deutschen Korrespondenten sorgt auch bei der Bundesregierung für Empörung. Zwei Journalisten haben das Land nun verlassen. Der Vorgang bleibt nicht ohne Folgen.

Nach der Weigerung türkischer Behörden, mehreren deutschen Korrespondenten die Arbeitsgenehmigungen zu verlängern, hat das Auswärtige Amt die Reise- und Sicherheitshinweise für die Türkei verschärft. Es könne «nicht ausgeschlossen werden, dass die türkische Regierung weitere Maßnahmen gegen Vertreter deutscher Medien sowie zivilgesellschaftlicher Einrichtungen ergreift», heißt es nun darin. Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte dem «Tagespiegel am Sonntag»: «Wenn Journalisten an der Arbeit gehindert werden, ist das mit unserem Verständnis von Pressefreiheit nicht vereinbar.»

ZDF-Korrespondent Jörg Brase und «Tagesspiegel»-Reporter Thomas Seibert verließen am Sonntagnachmittag die Türkei und flogen nach Deutschland. Das Presseamt in Ankara hatte ihnen ebenso wie einem nicht ständig in der Türkei lebenden NDR-Reporter vor rund einer Woche mitgeteilt, dass ihr Antrag auf eine neue Pressekarte nicht bewilligt worden sei. Gründe nannten die Beamten nicht. Der Journalistenverband Reporter ohne Grenzen wertete die Entscheidung als «Rausschmiss».

Das Auswärtige Amt verweist in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen nun auch auf Aussagen der türkischen Regierung von Anfang März: Wer im Ausland etwa an Versammlungen von Organisationen teilgenommen habe, die als «terroristisch» eingestuft würden, und in der Türkei Urlaub machen wolle, der könne bei der Einreise festgenommen werden, hatte die Regierung in Ankara erklärt.

Auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes heißt es dazu: «Es muss davon ausgegangen werden, dass auch nicht-öffentliche Kommentare in sozialen Medien etwa durch anonyme Denunziation an die türkischen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden.»

Maas erklärte am Sonntagabend in der ARD, die Bundesregierung wolle deutlich machen, «dass jeder, der in die Türkei fährt oder fliegt, damit rechnen könnte, dass er dort zur Rechenschaft gezogen wird, wenn er sich, in welcher Form auch immer, in Deutschland öffentlich oder über soziale Netzwerke allzu kritisch mit der türkischen Regierung auseinandergesetzt hat».

Die deutschen Journalisten Brase und Seibert kritisierten vor ihrer Abreise das Vorgehen der türkischen Regierung scharf. «Es ist ein Versuch, ausländische Medien einzuschüchtern und Druck auf sie auszuüben», sagte Brase im ZDF-Studio Istanbul. Man werde sich aber nicht beeindrucken lassen. Das ZDF werde gegen die Entscheidung auch gerichtlich vorgehen.

Seibert sagte: «Der Versuch der Bundesregierung, mit der Türkei im Gespräch zu bleiben und sie bei diesem schwierigen Thema hinter verschlossenen Türen zu einer gemäßigten Linie zu bewegen, kann jetzt als gescheitert angesehen werden.» Die «Eskalation im Umgang mit den deutschen Medien» habe einen Punkt erreicht, an dem die Bundesregierung gar nicht mehr anders könne als schärfer vorzugehen.

Wochenlang hatten sich hochrangige Diplomaten und Politiker hinter den Kulissen für die deutschen Korrespondenten in der Türkei eingesetzt, von denen weiter viele auf ihre neuen Pressekarten warten. Das Vorgehen belastet die seit Jahren krisenhaften, jüngst aber verbesserten Beziehungen Deutschlands zur Türkei erneut schwer.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte dem «Tagesspiegel» (Montag), dies sei «staatliche Willkür». Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles sprach von einem «relevanten Rückschritt für die deutsch-türkischen Beziehungen». Auch der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, nannte die Verweigerung der Akkreditierungen nicht akzeptabel. «Das zeigt einmal mehr, dass sich das Land von der EU wegbewegt. Die Türkei passt nicht in die EU», schrieb der CSU-Politiker auf Twitter. (dpa)