USA verhängen Sanktionen gegen Türkei: Neuer Tiefpunkt in angespannten Beziehungen

Wegen der andauernden Inhaftierung des US-Pastors Andrew Brunson in der Türkei hat US-Präsident Donald Trump Sanktionen gegen zwei türkische Minister verhängt. Ein solcher Schritt zwischen Nato-Partnern ist beispiellos, kommt aber nicht völlig überraschend. Das Verhältnis zwischen den USA und der Türkei ist historisch schwierig und hat nach dem Zypern-Konflikt 1974 und der US-Invasion im Irak 2003 schwere Krisen erlebt. Unter dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan häufen sich die Streitpunkte.

AUSLIEFERUNG VON FETHULLAH GÜLEN

Seit dem gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 dringt die Türkei auf die Auslieferung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den sie für den Umsturzversuch verantwortlich macht. Zur Empörung Ankaras haben die US-Behörden aber bisher keine rechtlichen Schritte gegen den umstrittenen Prediger unternommen, der seit 1999 im Exil in Pennsylvania lebt. Laut Washington hat die Türkei keine gerichtsfesten Beweise für die Schuld Gülens vorgelegt.

US-MILITÄRHILFE FÜR SYRISCHE KURDEN

Die Türkei ist verärgert über die Unterstützung der USA für die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Nordsyrien, die Ankara wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Bedrohung betrachtet. Trotz des Drängens der Türkei halten die USA an der Militärhilfe für die YPG fest, die sie als schlagkräftigen Partner im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) schätzen.

PROZESS GEGEN US-PASTOR BRUNSON

In Washington sorgt wiederum die fortgesetzte Inhaftierung und Strafverfolgung des US-Pastors Andrew Brunson für Ärger. Trump und sein Vize Mike Pence dringen seit langem auf die Freilassung des evangelikalen Geistlichen, der seit Oktober 2016 unter dem Vorwurf der Spionage sowie der Unterstützung der PKK und der Gülen-Bewegung in Untersuchungshaft sitzt. Erdogan hat vorgeschlagen, Brunson gegen Gülen auszutauschen.

US-PROZESS GEGEN HALKBANK

Medien haben auch über einen Austausch Brunsons gegen den in den USA inhaftierten türkischen Banker Mehmet Hakan Atilla spekuliert. Der Vizechef der staatlichen Halkbank war im Mai von einem New Yorker Gericht wegen Verstößen gegen die US-Iran-Sanktionen zu 32 Monaten Haft verurteilt worden. Der Halkbank droht zudem wegen ihrer Rolle in den Iran-Geschäften des Geschäftsmanns Reza Zarrab eine saftige Geldstrafe.

INHAFTIERUNG WEITERER US-BÜRGER

Neben dem Brunson-Prozess sorgt auch die Verfolgung mehrerer weiterer US-Bürger in der Türkei für Streit, darunter der Nasa-Wissenschaftler Serkan Gölge und mehrere Ortskräfte der US-Botschaft. Nach der Festnahme eines türkischen Mitarbeiters des Istanbuler US-Konsulats im Oktober setzten die USA die Visa-Vergabe aus, woraufhin die Türkei es ihnen gleichtat. Erst Ende Dezember konnte der Streit beigelegt werden.

KAUF VON RUSSISCHEN S400-RAKETEN

Die USA ist alarmiert über Pläne der Türkei zum Kauf von russischen Flugabwehrraketen vom Typ S400. Washington fürchtet eine Hinwendung ihres Nato-Partners zu Moskau. Es besteht konkret die Sorge, dass das russische Militär damit wichtige Informationen zu Nato-Flugbewegungen erhält. Ankara begründete die Entscheidung für die russischen Waffen damit, dass die USA ihr keine Patriot-Raketen verkaufen wollten.

LIEFERUNG VON F35-KAMPFFLUGZEUGEN

Wegen des Brunson-Prozesses und des Streits um die S400-Raketen entschied der US-Kongress am Mittwoch, die Lieferung von F35-Kampfflugzeugen an die Türkei für 90 Tage auszusetzen, bis das Pentagon einen Bericht zu den Risiken des S400-Kaufs durch die Türkei vorgelegt hat. Ankara ist empört über die Entscheidung, da die Türkei seit Jahrzehnten an dem Programm zur Entwicklung des Kampfjets beteiligt ist. (AFP)