Verhärtete Fronten in Streit um Atomabkommen mit Iran

Im Streit um das Atomabkommen mit dem Iran sind die Fronten verhärtet: Teheran hat beim Internationalen Gerichtshof (IGH) Klage gegen die USA wegen der Wiederverhängung und Verschärfung von Strafmaßnahmen eingereicht. Deutsche und andere europäische Unternehmen müssen zudem davon ausgehen, dass es für sie keine Ausnahmen von den US-Sanktionen gegen den Iran geben wird, wie am Dienstag aus dem französischen Wirtschaftsministerium bekannt wurde.

Washington habe eine gemeinsame Forderung Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens nach Ausnahmen zurückgewiesen. Damit bestätigte die Quelle aus dem Ministerium einen Bericht der "Financial Times" vom Montag.

US-Präsident Donald Trump hatte im Mai den Ausstieg seines Landes aus dem Iran-Abkommen erklärt und die Wiedereinsetzung der Sanktionen angekündigt. Berlin, Paris und London hatten daraufhin Anfang Juni Ausnahmen für europäische Unternehmen verlangt.

US-Finanzminister Steven Mnuchin und Außenminister Mike Pompeo hätten aber "auf keines der Ersuchen positiv reagiert", die in einem gemeinsamen Brief der drei europäischen Länder formuliert gewesen seien, hieß es nun aus dem Pariser Ministerium. Das Atomabkommen könnte auch Thema bei einem geplanten Treffen des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker am 25. Juli mit Trump in Washington sein.

Derweil geht der Iran im Vertragspoker zunehmend in die Offensive: Teheran wirft den USA in einer Klage vor dem IGH vor, mit der Verschärfung der Sanktionen gegen den Freundschaftsvertrag zwischen beiden Ländern aus dem Jahr 1955 zu verstoßen. Wie das iranische Außenministerium am Dienstag mitteilte, ging die Klage am Vortag in Den Haag ein.

Außenminister Mohammed Dschawad Sarif schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, Ziel der Klage sei es, Washington für seine "illegale Wiederauferlegung einseitiger Sanktionen" zur Rechenschaft zu ziehen. Sarif fügte hinzu, im Gegensatz zu den USA und ihrer "Verachtung für Diplomatie und rechtliche Verpflichtungen" sei der Iran "der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet". Der "Gewohnheit" der USA, gegen das Völkerrecht zu verstoßen, müsse entgegen getreten werden.

Diplomatische Beziehungen unterhalten Washington und Teheran seit 1980 nicht mehr. Damals hatten Anhänger von Ayatollah Khomeini die US-Botschaft in Teheran 444 Tage lang besetzt und 52 US-Bürger als Geiseln genommen.

Das Wiener Atomabkommen von 2015 verpflichtet Teheran, seine Urananreicherung drastisch herunterzufahren und verschärfte internationale Kontrollen zuzulassen. Im Gegenzug sollen die Strafmaßnahmen gegen das Land schrittweise aufgehoben werden. Der Iran bestreitet, nach Atomwaffen zu streben, und betont, dass seine Atomanlagen ausschließlich zivilen Zwecken dienten.

Am Dienstag hieß es aus Teheran allerdings, das Land sei durchaus bereit zum Hochfahren seiner Urananreicherung, sollten die Gespräche mit der EU scheitern. "Wir haben natürlich einige Maßnahmen ergriffen, um ein mögliches Hochfahren der Anreicherung vorzubereiten", sagte Behrouz Kamalwandi, Vize-Präsident der iranischen Atomenergie-Behörde, am Dienstag in Teheran. Er versicherte, der Iran halte sich ungeachtet dessen weiter an sämtliche Auflagen des Abkommens.

Anfang des Monats waren die Außenminister der verbliebenen Unterzeichnerstaaten - neben dem Iran China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland - in Wien zusammengekommen. Dem Iran wurde dort versichert, trotz der drohenden US-Sanktionen unterstützten die anderen Länder sein Recht auf Ausfuhr von Öl, Gas und anderer Energieprodukte.

Der iranische Staatschef Hassan Rohani hatte zuvor die europäischen Vorschläge zur Rettung des Abkommens als unzureichend kritisiert. (AFP)