Explosiver Stellvertreterkrieg in Syrien – ein Überblick

Mit dem Abschuss eines israelischen Kampfflugzeugs, das zuvor iranische Stellungen in Syrien angegriffen hatte, droht eine weitere Eskalation des vielschichtigen Syrien-Konflikts.

ISRAEL GEGEN IRAN

Israel ist seit Jahren alarmiert über die wachsende Präsenz der iranischen Revolutionsgarden und Teheran-treuer Milizen in Syrien. Insbesondere befürchtet Israel, dass sich die libanesische Hisbollah-Miliz an den Golan-Höhen im Südwesten Syriens festsetzt und mit iranischer Hilfe Präzisionsraketen erlangt oder - schlimmer noch für Israel - selbst Fertigungsanlagen in Syrien errichtet, um solche Flugkörper herzustellen.

Seit Beginn des Syrien-Konflikts 2011 flog die israelische Luftwaffe daher rund hundert Angriffe auf Waffenkonvois für die Hisbollah, Waffenfabriken und iranische Stellungen. Israel will um jeden Preis verhindern, dass der Erzfeind einen Luftwaffen- oder Marinestützpunkt errichtet. Die Angriffe wurden von Russland geduldet, obwohl es mit dem Iran und der Hisbollah auf Seiten der Regierungstruppen kämpft.

RUSSLAND GEGEN REBELLEN

Seitdem Russlands Präsident Wladimir Putin im September 2015 auf Seiten von Machthaber Baschar al-Assad in den Konflikt eingegriffen hat, wurden die Rebellen auf wenige Enklaven zurückgedrängt. Ebenso wie der Iran will Russland den Sturz Assads verhindern, da dies seine Interessen in der Region bedrohen würde. Allerdings decken sich Moskaus Interessen nicht überall mit denen Teherans.

Mit dem Einsatz hat sich Russland als Ordnungsmacht in der Region etabliert und als wichtiger Makler beim Ringen um die Nachkriegsordnung installiert. Mit dem Iran und der Türkei setzt sich Russland für regionale Waffenruhen in Idlib, Ost-Ghuta und den Rebellengebieten im Südwesten ein. Zugleich unterstützt die russische Luftwaffe allerdings derzeit eine Großoffensive der Regierungstruppen gegen die Rebellen in Idlib.

TÜRKEI GEGEN KURDEN

Die syrisch-russische Offensive stößt bei der Türkei auf Kritik, da sie die Waffenruhe in Idlib überwachen soll und eine neue Flüchtlingswelle befürchtet. Zudem unterstützt Ankara bis heute die Rebellen und dringt auf den Sturz des Kreml-Verbündeten Assad. Allerdings hat ein Regimewechsel in Damaskus für die Türkei nicht länger Priorität, da es ihr vor allem darum geht, den Einfluss der Kurden im Norden Syriens zurückzudrängen.

Seit Januar geht die türkische Armee daher gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Afrin vor, die eng mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verbunden sind. Während Russland die türkischen Angriffe auf die YPG duldet, toleriert die syrische Regierung, dass die YPG durch ihr Gebiet Verstärkung nach Afrin bringt. Zwar will sie keine kurdische Autonomie - doch türkische Truppen in Nordsyrien will sie auch nicht.

USA GEGEN DSCHIHADISTEN

Die USA bringt die türkische Offensive in ein Dilemma, da die Türkei ein wichtiger Nato-Partner ist, sie zugleich aber die YPG als schlagkräftigen Verbündeten gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) schätzen. Auch wenn die Extremistengruppe in Syrien und dem Irak weitgehend besiegt ist, wollen die USA an dem umstrittenen Bündnis mit der YPG festhalten, um ein Wiedererstarken der IS-Miliz zu verhindern.

Sollte die Türkei ihre Offensive auf YPG-Gebiete ausdehnen, in denen auch US-Soldaten stationiert sind, droht eine direkte Konfrontation der Nato-Partner. Auch mit den Regierungstruppen drohen Zusammenstöße, nachdem diese kürzlich in Ostsyrien die Kurden attackierten. Schließlich droht auch ein Konflikt mit dem Iran, den US-Präsident Donald Trump neben den Dschihadisten als größte regionale Bedrohung ausgemacht hat. (AFP)