Im Zeichen des christlich-islamischen Dialogs: Bundespräsident Steinmeier besucht Jordanien und den Libanon

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist vom 27. bis 31. Januar nach Jordanien und in den Libanon. Luftlinie kaum mehr als 220 Kilometer voneinander entfernt, erwarten ihn in Beirut und Amman zwei grundverschiedene Gesellschaften - mit dennoch vergleichbaren Herausforderungen.

"Der Libanon ist nicht nur ein Land - der Libanon ist eine Botschaft." Dieser vielzitierte Satz von Papst Johannes Paul II. prägt seither nicht nur den christlichen Sprachgebrauch über den Libanon als ein Vorbild: für das friedliche Zusammenleben verschiedener Religionen, für eine gemeinsame Identität und gemeinsame Werte, für Pluralität und Offenheit.

In der Tat ist die parlamentarische Republik Libanon mit ihrer Bevölkerungszusammensetzung ein Sonderfall im Nahen Osten. Mit rund 40 Prozent verzeichnet das Land den größten Anteil Christen in der Arabischen Welt. Auch die Zahl der offiziell anerkannten Religionsgemeinschaften liegt mit 18 ungewöhnlich hoch. Unter den Muslimen sind Sunniten und Schiiten gleichermaßen vertreten; Drusen (5,7 Prozent) und Alaviten (2 Prozent) stellen weitere nennenswerte Minderheiten.

Die Vielfalt des Landes spiegelt sich in einem komplexen politischen System wider. Seit dem sogenannten Taif-Abkommen von 1989 teilen sich sieben christliche Konfessionen und vier muslimische Gruppen nach einem festen Schlüssel paritätisch die Sitze im Parlament. Eine Staatsreligion kennt das Land nicht.

Das feine Gefüge des Libanon hat aber mit dem Bürgerkrieg (1975-1991) deutliche Risse bekommen, die sich bis heute nicht nur durch die christliche Gesellschaft ziehen. Die politische Fragmentierung in zwei gegensätzliche Lager und das bislang ungelöste Problem der durch den israelisch-palästinensischen Konflikt ins Land geflohenen Palästinenser erschweren den Erhalt des libanesischen Gleichgewichts.

Ganz anders die konstitutionelle Monarchie Jordanien: Nur rund 2,2 Prozent der Bewohner des Haschemitischen Königreichs sind Christen - und sie sind immerhin die einzig nennenswerte religiöse Minderheit unter Muslimen. De facto ist der sunnitische Islam laut der Verfassung Staatsreligion. Eine Diskriminierung vor dem Gesetz aufgrund von Rasse, Sprache oder Religion schließt die Verfassung allerdings aus; und mit 9 von 150 Sitzen verfügt die christliche Minderheit grundsätzlich über eine garantierte Vertretung in Jordaniens Parlament.

Immer wieder haben Vertreter des muslimischen jordanischen Könighauses und der Regierung zudem die Bedeutung der Christen für das Land und die Region betont. Besonders Prinz Hassan hat sich einen Namen als Brückenbauer zwischen den Religionen sowie als Verfechter einer gerechteren Globalisierung gemacht. Papst Franziskus lobte König Abdullah II. als einen "Mann des Friedens" und verwies auf einen enormen Beitrag des Königreiches für den Frieden in der Region, in der Flüchtlingshilfe, aber auch im interreligiösen Dialog.

So sehr sich das multireligiöse Beirut und das sunnitische Amman unterscheiden - die Hauptherausforderungen in beiden Fällen heißen Syrien, Palästina, Irak. Jeder dritte Bewohner beider Länder ist mittlerweile ein Flüchtling; die Aufnahmekapazitäten sind längst erschöpft. Insbesondere im fragilen Gleichgewicht des Libanon verschärft der Zustrom zumeist sunnitischer Flüchtlinge aus Syrien die religiösen Spannungen im Land. Und in beiden Ländern warnen Christen und moderate Muslime vor dem Import eines radikalen Islam aus Syrien und einem Überschwappen der Gewalt über die jeweiligen gemeinsamen Grenzen.

Die Westliche Welt sieht genau hierin die Rolle Jordaniens und des Libanon für den Nahen Osten: nicht zuletzt dem Schutz der westlichen Welt. Mittler in den Krisenherden der Region sollen sie sein - in Syrien, und im Fall Jordaniens auch im israelisch-palästinensischen Konflikt. Sie sollen die moderaten Kräfte im Islam gegen Radikalisierungstendenzen stärken - und den christlich-islamischen Dialog vorantreiben. (KNA)