Türkischer Außenminister wirbt für Neustart in Beziehung zu Deutschland

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat für einen Neustart in den bilateralen Beziehungen mit Deutschland geworben.

Beide Seiten hätten daran ein Interesse, "da wir in einer Zeit voller Herausforderungen leben", schreibt Cavusoglu in einem vorab veröffentlichten Gastbeitrag für die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagausgaben). Die Beziehungen sollten "wie schon seit 300 Jahren, in Freundschaft und Zusammenarbeit" fortgeführt werden. Dies gehe aber nur, "wenn wir die gegenwärtige Krisenspirale in unserem Verhältnis durchbrechen".

Cavusoglu erklärt, er wisse, dass "die Fälle einzelner Inhaftierter in der Türkei in der deutschen Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt" würden. Als "ein Gebot der Rechtstaatlichkeit" müsse man jedoch auf die unabhängige Justiz vertrauen. "Wir unternehmen aber alles, was politisch in unserer Macht steht, um juristische Verfahren zu beschleunigen." Der Minister nannte keine konkreten Fälle. Unter anderem befindet sich der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel seit Februar in Haft. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft dem "Welt"-Korrespondenten Terrorpropaganda vor, was Yücel abstreitet. Deutschland wirft der Türkei vor, Yücel und andere Deutsche und Deutschtürken aus politischen Gründen festzuhalten. Zuletzt hatten türkische Gerichte in einigen Fällen ein Untersuchungshaft-Ende oder ein Aufheben von Ausreisesperren angeordnet.

Cavusoglu fordert, dass sich beide Länder "auf Augenhöhe" begegnen sollten. "Megafon-Diplomatie" sei fehl am Platz. Die inoffiziellen Treffen mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel seien Teil dieser Bemühungen. Das nächste stehe am Samstag in Goslar an. "Es ist notwendig, gegenüber der anderen Seite eine empathischere Sprache zu entwickeln", fordert Cavusoglu. Das Trauma, das der Putschversuch vom 15. Juli 2016 in der türkischen Bevölkerung hervorgerufen habe, sei in Deutschland "nicht vollkommen nachvollzogen" worden. Die Türkei erwarte von den Deutschen, dass sie "die Situation, mit der die Türkei gegenwärtig konfrontiert ist, besser verstehen".

Eine politische Verständigung werde "neue Horizonte" bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eröffnen, schreibt Cavusoglu. Vor allem bei den erneuerbaren Energien gebe es "beträchtliche Möglichkeiten". Mit Blick auf das Flüchtlingsabkommen zwischen der Türkei und der Europäischen Union betont Cavusoglu, dass sein Land alle Zusagen eingehalten habe. Er bekräftigt daher die Forderung, dass die EU insbesondere bei der Visa-Liberalisierung ihre Verpflichtungen erfülle. Es liege im Interesse aller, dass "der Stillstand in unserem EU-Beitrittsprozess" überwunden werde. "Das Thema der Aktualisierung der Zollunion darf nicht als ein Faustpfand gegen die Türkei eingesetzt werden." (Reuters)