Deutsch-iranischer Handel nach Atomdeal: viel Wirbel um (fast) nichts

Schon eine Woche nach dem Atomdeal kam der damalige Vizekanzler Gabriel nach Teheran, um die Geschäfte wieder anzukurbeln. Auch der Iran hoffte auf neue goldene Zeiten. 30 Monate später aber gibt es wenige Waren «Made in Germany», dafür aber sehr viel Frust. Von Farshid Motahari

Autos und Maschinen - vor allem auf solche Güter «Made in Germany» setzt der Iran auf seinem Weg zurück in den Welthandel. Und in der Tat: Nach der Aufhebung vieler westlicher Sanktionen Anfang 2016 kehren viele deutsche Unternehmen in das Land zurück. Unterstützung kommt von der Bundesregierung: «Es ist wichtig, dass das Atom-Abkommen mit neuem Leben gefüllt und Iran wieder stärker in die Weltwirtschaft eingebunden wird», sagt etwa Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries im Sommer.

Und so war es für viele iranische Beobachter nur eine Frage der Zeit, bis Deutschland China als führenden Handelspartner ablösen würde. Schließlich werden deutsche Waren für Qualität und Handelspartner für ihre Zuverlässigkeit geschätzt. Der bilaterale Handel, der wegen der Sanktionen stark eingebrochen war, erholt sich langsam, wenn auch auf niedrigem Niveau. 2016 betrug das Handelsvolumen rund drei Milliarden Euro. Der deutsche Export in den Iran stieg 2016 um 26 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr.

Schon kurz nach Abschluss des Atomdeals im Juli 2015 reiste der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nach Teheran. Zwischen Herbst 2015 bis Ende 2016 folgten zahlreiche Delegationen. Die Verhandlungen liefen prima. Beispiel Volkswagen: Mehr als 17 Jahre war der Autobauer nicht im Iran aktiv. Nun soll eine Partnerschaft mit dem örtlichen Importeur Mammut Khodro die Marke auf den umkämpften Markt zurückbringen.

Auf dem Papier ist alles geregelt, in der Praxis jedoch weniger. «Wir sagen dazu lieber nichts», sagt ein im Zusammenhang mit dem Projekt stehender iranischer Vertreter. VW teilt mit, dass «aufgrund der weiterhin ausstehenden Gesetzgebung zur Neuregelung des Fahrzeugimports (...) der operative Verkauf (...) noch nicht gestartet werden» konnte.

Nicht nur dieses Beispiel zeigt: Die Euphorie ist längst verflogen, auf beiden Seiten herrscht Frust. Bereits vor Monaten stellt der Außenhandelsverband BGA «eine große Ernüchterung» fest. Und ein iranischer Vermittler, der namentlich nicht genannt werden will, stellt ernüchtert fest: «Am Ende war es viel Wirbel um fast nichts.»

«Spielverderber» aus iranischer Sicht sind die deutschen Großbanken, die die zahlreichen und zum Teil auch schon ausgearbeiteten Handelsprojekte nicht finanzieren wollen. «In der Tat bleibt die Zusammenarbeit mit den Banken ein immer noch ungelöstes Thema», sagt auch der sonst optimistische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif.

Da immer noch Sanktionen außerhalb des Atomabkommens und damit US-Strafmaßnahmen in Kraft sind, weigern sich deutsche und europäische Großbanken, besonders die mit US-Geschäften, mit dem Iran zusammenzuarbeiten. So musste etwa die Commerzbank 2015 auch wegen Verstößen gegen amerikanische Sanktionen bei Geschäften mit dem Iran 1,45 Milliarden Dollar an US-Behörden zahlen.

«Das Problem mit Berlin in den letzten Jahren war ja nicht wirtschaftlich, sondern rein politisch und im Zusammenhang mit dem Atomstreit», sagt der iranische Botschafter in Deutschland, Ali Madschedi. Da mit dem Atomdeal der politische Teil nun seit langem gelöst sei, könne er nicht nachvollziehen, warum der Iran von deutscher Seite de facto immer noch sanktioniert werde.

Auch Ölminister Bidschan Namdar Sanganeh hat das Problem bereits besprochen, etwa mit Vizekanzler Gabriel. Er habe Gabriel gesagt, dass der Iran bereit sei, die Milliarden aus seinem Ölexport in Geschäfte mit Deutschland zu investieren, sagt Sanganeh. «Dies ist aber derzeit nicht machbar, weil wegen der Probleme mit den Banken das Geld nicht überwiesen werden kann.» Das sei natürlich schlecht für den Iran, aber auch schlecht für Deutschland.

Weniger pessimistisch gibt sich Kamelia Karimi, Leiterin der niedersächsischen Repräsentanz in Teheran. «Es ist keine einfache, aber auch keine aussichtslose Situation», sagt sie. Die politischen Differenzen und die damit verbundenen Bankprobleme könne man definitiv nicht schönreden. Aber gerade deshalb bräuchten beide Seiten «sehr, sehr viel Geduld». Doch letztlich könnten weder der Iran «Made in Germany», noch die deutschen Unternehmen den attraktiven iranischen Markt ignorieren können, ist Karimi überzeugt. (dpa)