Libyens Kontrahenten verständigen sich auf Zehn-Punkte-Plan

Ein Spitzentreffen bei Paris nährt die Hoffnung auf eine Stabilisierung Libyens. Das nordafrikanische Land ist auch zur Bewältigung der europäischen Flüchtlingskrise von zentraler Bedeutung.

Die wichtigsten Gegenspieler im libyschen Bürgerkrieg haben sich unter Vermittlung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf einen Zehn-Punkte-Plan mit einer Waffenruhe und baldigen Wahlen verständigt. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung des Ministerpräsidenten der international anerkannten Übergangsregierung, Fajis al-Sarradsch, und des mächtigen Generals Chalifa Haftar hervor.

«Die Sache des Friedens hat einen großen Fortschritt gemacht», sagte Macron am Dienstag nach dem Spitzentreffen im Schloss La Celle Saint-Cloud bei Paris. Der seit gut zwei Monaten amtierende Macron wollte zu einer Krisenlösung in dem ölreichen nordafrikanischen Land beitragen. Bei der angestrebten Waffenruhe - deren Details unklar blieben - ist der Antiterrorkampf ausdrücklich ausgenommen.

Die libyschen Teilnehmer engagieren sich dafür, so bald wie möglich Parlaments- und Präsidentenwahlen abzuhalten. An der Zusammenkunft nahm auch der neue UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, teil.

«Die Lösung der libyschen Krise kann nur politisch sein(...)», heißt es in der Erklärung. Die libysche Armee solle von «regulären Streitkräften» gebildet werden, die die Verteidigung des Landes gewährleisten sollten. Die Migrationsströme in dem Land sollten kontrolliert werden.

2015 legte ein von den UN vermitteltes politisches Abkommen die Basis für Al-Sarradschs Einheitsregierung, um zwei konkurrierende Führungen im Westen und Osten des Landes zu ersetzen. Sie konnte sich in den vergangenen eineinhalb Jahren jedoch nicht durchsetzen.

Haftar, ein ausgewiesener Gegner von Islamisten, weitete seinen Einfluss als starker Militärmann im Osten des Landes erheblich aus. Die Einigung des tief gespaltenen Landes, in dem Hunderte Milizen unbehelligt agieren, gilt als Schlüssel zur Lösung der Flüchtlingskrise im Mittelmeer. Von der libyschen Küste stechen jedes Jahr Zehntausende Menschen mit Booten Richtung Europa in See. Die EU-Staaten beschlossen in Brüssel, vor der libyschen Küste weiter Migranten aus Seenot retten und die Operation «Sophia» fortzusetzen.

Unterdessen haben sich die Vereinten Nationen besorgt wegen der möglichen Folter und Hinrichtung von Gefangenen in Libyen gezeigt. Berichten über gequälte Gefangene und mindestens zehn Hinrichtungen von Mitgliedern der Libyschen Nationalen Armee (LNA) müssten untersucht werden, teilte ein Sprecher des UN-Hochkommissars für Menschenrechte mit.

Ein Video, das in sozialen Medien zirkulierte, zeigte laut UN mutmaßliche LNA-Kämpfer, die Gefangene misshandelten. Bei der LNA handelt es sich nicht um eine staatliche Armee, die im größtenteils anarchischen Bürgerkriegsland nicht existiert, sondern um Einheiten unter Kontrolle des einflussreichen Generals Chalifa Haftar. Sie kontrollieren weite Teile im Osten des zerrissenen Landes.

Haftar hatte zuletzt weiter an Einfluss gegenüber der international anerkannten Übergangsregierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch im westlichen Tripolis gewonnen. Er kann Diplomaten zufolge für eine Lösung der Spaltung des Landes nicht mehr ausgeklammert werden. (dpa)