Niederlande verpassen Rechtspopulisten Wilders einen Dämpfer

Die Niederlande haben gewählt: Und sie erteilen dem Rechtspopulisten Wilders eine Absage. Im Ausland sehen viele das als guten Auftakt für das Superwahljahr in Europa. Von Annette Birschel

Europa atmet auf: Der befürchtete Sieg des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders blieb aus. Nach Brexit und Trump eine gute Nachricht für Europa und die kommt aus Holland. Monatelang hatte der 53-Jährige Politiker mit seinen rechten Parolen gegen Islam, Migranten und die EU die Umfragen angeführt. In den letzten Wochen zeichnete sich bereits ein Verlust an Zustimmung ab. Doch nun liegt seine PVV nach den ersten Prognosen bei knapp 13 Prozent - eine Niederlage für Wilders. Verloren hat einer «der hauptverantwortlichen Hetzer gegen die europäische Zusammenarbeit», wie der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gesagt hatte.

Gesiegt hat sicherlich die Demokratie: Die außergewöhnlich hohe Wahlbeteiligung von mehr als 80 Prozent machte deutlich, dass die Niederländer wussten, was auf dem Spiel stand. Nach dem Brexit wussten auch sie, dass jede Stimme zählt. Die Niederlande erteilten dem «falschen Populismus» zwar keine totale Absage, wie der rechtsliberale Premier Mark Rutte gehofft hatte. Aber sie haben für Europa «das Viertelfinale» gewonnen. Rutte hatte das Superwahljahr Europas als Fußball-Turnier umschrieben: «Im April ist in Frankreich das Halbfinale und im September das Finale in Deutschland.»

Nach dem Brexit-Votum und der Wahl von Donald Trump in den USA ist dies nun ein Dämpfer für andere rechte und anti-europäische Bewegungen in Europa. Viele proeuropäischen Kräfte sehen einen hoffnungsvollen Auftakt des entscheidenden Wahljahres für Europa.

Noch muss sich zeigen, ob das Votum der Holländer auch Folgen für die Präsidentenwahl in Frankreich im April haben wird und den Befürwortern der EU Mut macht. Im September steht dann noch die Bundestagswahl an.

Die rechtsliberale VVD von Premier Rutte ist der klare Wahlsieger, auch wenn sie nach einer Prognose wohl zehn Mandate einbüßte. Er hat wohl von seinem entschiedenen Auftreten in der heftigen Krise mit der Türkei der vergangenen Tage profitiert. Doch Rutte muss sich nun nach einem neuen Koalitionspartner umschauen. Die sozialdemokratische Partei für die Arbeit hat die größte Niederlage ihrer Geschichte erlitten - sie verlor nach den Prognosen mehr als 75 Prozent.

Wilders wird nicht von der niederländischen politischen Bühne verschwinden. Viele Parteien der Mitte waren unter dem Eindruck seiner Stärke deutlich nach rechts gerückt. Strengere Migrationsregeln sind die Folge, schärfere Integrationsanforderungen, aber vor allem ein deutlich raueres Klima gegenüber Zuwanderern aus muslimischen Ländern.

Die Zersplitterung der niederländischen Parteienlandschaft hat sich bei der Parlamentswahl weiter verstärkt. Deshalb dürften zur Bildung der nächsten Regierung vier Parteien nötig sein. Am wahrscheinlichsten ist ein Bündnis unter Rutte. Seine Partei könnte mit den Christdemokraten (CDA), den linksliberalen Democraten 66 und den erstarkten Grünen regieren. Eine solche Koalition wäre allerdings ein «Mitte-Rechts-Links-Bündnis», in dem der größte Teil des politischen Spektrums vertreten wäre.

Der erfolgreiche Spitzenkandidat der Grünen, Jesse Klaver, hat sich im Wahlkampf für ein Links-Bündnis als Alternative zu einerRutte-Regierung stark gemacht. Allerdings ist dies nach dem

dramatischen Einbruch der Sozialdemokraten kaum noch denkbar: DieGrünen, die linksliberalen Democraten 66, die sozialdemokratische Partei der Arbeit, die Sozialisten und die links-christliche ChristenUnie hätten auf der Grundlage der bisherigen Prognosen zusammen doch nur 64 Sitze - für eine Mehrheit wären 76 nötig.

Für die Niederlande brechen nun vermutlich «lange und schwierige Koalitionsverhandlungen an», erwartet Mark Bovens, Professor für Verwaltungskunde an der Universität Utrecht. «Doch das heißt nicht, dass die Niederlande instabil werden», betonte er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Gerade Rutte hatte in den letzten Jahren Pragmatismus gezeigt und mehrfach wechselnde Mehrheiten gefunden, um Gesetze durchzubringen. «Das passt eigentlich zu unserer niederländischen Konsenskultur», sagte der Professor. (dpa)

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