Frieden, egal wie - Trump schwebt «großartiger Deal» für Nahost vor

Generationen von US-Präsidenten sind mit ihren Bemühungen im Nahen Osten mehr oder weniger gescheitert. Jetzt will Donald Trump sich als Friedensstifter zwischen Israelis und Palästinensern versuchen. Ein Drahtseilakt. Von Maren Hennemuth und Martin Bialecki 

Es ging friedlich zu in Washington. Benjamin Netanjahu und Donald Trump nahmen sich in den Arm, ihre Frauen herzten sich. Der US-Präsident und Israels Premier erzählten von ihren Familien und wie lange sie sich kennen. Und sie sprachen auch über Frieden, den Frieden im Nahen Osten. Einen Frieden, den es noch nicht gibt, und der schon viele Male viel näher lag als gerade jetzt.

Sollte ausgerechnet Donald Trump das schaffen, was unzählige US-Präsidenten vor ihm vergebens versuchten? Woran Jimmy Carter letztlich genauso scheiterte wie Bill Clinton oder George W. Bush? Trump gibt sich entschlossen. «Die USA werden zu einem großartigen Friedensschluss ermutigen», sagt er. «Es könnte ein größerer und besserer Deal werden, als die Menschen in diesem Raum sich überhaupt vorstellen können.» Beide Seiten müssten miteinander reden, die USA könnten nur die Rolle des Vermittlers einnehmen. «Wir werden an ihrer Seite stehen», sagt Trump.

Der 45. Präsident greift damit die Strategie von George W. Bush und seines Außenministers Colin Powell auf. «Assist, not insist», hatte Powell einst als Parole für die US-Rolle im Nahen Osten ausgegeben - «Helfen, aber nicht einfordern». Begleitet von sanftem Druck sowohl auf den Verbündeten als auch auf die palästinensische Seite kamen Bush und Powell inmitten des Nahost-Quartetts mit ihrer Roadmap einem Frieden zumindest näher. Einem konservativen US-Präsidenten stand damals mit Ariel Scharon ein rechtsgerichteter Premierminister gegenüber. Die politischen Vorzeichen sind heute ähnlich. Auch diesmal versucht Trump, dem engsten Verbündeten zwar die Richtung vorzugeben. «Beide Seiten müssen Kompromisse machen, dass wissen Sie, richtig?», sagt er an Netanjahu gewandt, den er freundschaftlich bei seinem Spitznamen «Bibi» nennt.

Die Gemengelage ist aber eher komplizierter geworden. Ein israelisch-palästinensischer Friede geht nicht ohne die Nachbarn und Einflussfaktoren in der Region und über sie hinaus. Dazu zählen Syrien genauso wie der Iran, Jordanien und Saudi-Arabien. Netanjahu verweist darauf, dass inzwischen viele der ehemaligen Feinde zu Partnern Israels geworden seien. Ein Pulverfass ist der Nahe Osten aber geblieben.

Trump meint bei seiner Forderung nach Kompromissen vor allem die Siedlungspolitik der Israelis. Netanjahu hatte in den Wochen vor dem Besuch in Washington mit der Ankündigung aufgeschreckt, Tausende weiterer Wohnungen für jüdische Siedler im Westjordanland und im Osten Jerusalems bauen zu lassen - der Stadt, die Israel als «ewige Hauptstadt» ansieht, die aber auch Muslime als heilige Stätte betrachten, und Christen als Wallfahrtsort. Von den meisten Ländern wird die Siedlungspolitik als Verstoß gegen internationales Recht angesehen, die Vereinten Nationen hatten unlängst dagegen eine Resolution erlassen. Trump sagt in Washington, die UN hätten Israel oft sehr unfair behandelt.

Wenn es denn zu Verhandlungen kommen sollte, ist es Trump nach eigenem Bekunden egal, ob es einen Palästinenserstaat neben einem jüdischen Staat Israel geben wird oder nicht. Er sei mit dem glücklich, womit die beiden Parteien glücklich seien, sagt der 70-Jährige. «Man kann Nahostpolitik auch machen, als würde man beim Chinesen von der Speisekarte bestellen», sagte der langjährige US-Nahostverhandler Aaron David Miller bei CNN.

Für Israel definierte Netanjahu die Verhandlungslinien dagegen recht klar: Der jüdische Staat und damit die Verknüpfung mit der Religion müsse anerkannt werden. Und das israelische Militär müsse die Hoheit auch über die Sicherheit im Palästinenserstaat westlich des Jordans haben. «Bei jeder Vereinbarung muss Israel die Oberkontrolle über das gesamte Gebiet westlich des Jordans behalten», sagte Netanjahu. Ansonsten drohte ein Terrorstaat. Damit ging er bei seiner Forderung eher noch einen Schritt weiter als bisher, wie die israelische Zeitung «Haaretz» analysiert.

Für die Palästinenser wäre das eine unannehmbare Vorbedingung. In ihrem dann gerade erst geschaffenen Staat israelische Soldaten zu dulden, zumindest wahrgenommen als Besatzungsmacht, damit käme kein Verhandlungsführer auf palästinensischer Seite weit. Eine Ein-Staat-Lösung kann Israel aber auch nicht gefallen. Dann wäre das Land praktisch ein geteiltes- mit der Hälfte seiner Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, wie es in der «Haaretz» weiter heißt.

Die israelische Rechte jubelte dagegen schon, als Netanjahu und Trump in Washington noch beim Mittagessen saßen: «Dies ist das Ende einer Ära», zitierte die «Jerusalem Post» den Chef der national-religiösen Partei «Jüdisches Heim», Naftali Bennett. «Die palästinensische Flagge wurde eingezogen und die israelische Flagge wurde gehisst.» (dpa)

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