Menschenrechte in Pakistan: Ein dunkles neues Kapitel

Die Menschenrechtslage in Pakistan spitzt sich weiter zu: In dem islamischen Land sind mehrere Blogger verschwunden.

Neues Jahr, neues Glück - dieses Motto gilt in Pakistan offenbar nicht. 2016 landete das südasiatische Land auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) auf Platz 147 von 180 Staaten. Zu Jahresbeginn 2017 sind nun fünf säkulare Blogger zeitgleich verschwunden. Die Tageszeitung "Dawn" schreibt von einem "dunklen neuen Kapitel im illegalen Krieg gegen die Zivilgesellschaft".

Seit Anfang Januar fehle von den Bloggern jede Spur, so ROG am Freitag in Berlin. Gemeinsam ist ihnen, dass sie in der Vergangenheit den Einfluss der pakistanischen Armee und das Erstarken des religiösen Extremismus kritisiert hatten. In den Sozialen Meiden wird ihnen der Organisation zufolge Gotteslästerei vorgeworfen. Dass ihr zeitgleiches Verschwinden nur Zufall ist, hält ROG-Geschäftsführer Christian Mihr für "sehr unwahrscheinlich".

Blasphemie kann in Pakistan mit der Todesstrafe geahndet werden. Seit Jahren kritisieren Beobachter, dass die Blasphemiegesetze in der islamischen Republik dazu missbraucht werden, gegen Andersgläubige vorzugehen. So rief 2011 der damalige Papst Benedikt XVI. die pakistanische Regierung dazu auf, das Gesetz aufzuheben, da es "offensichtlich" als Vorwand diene, um "Ungerechtigkeit und Gewalt gegen die religiösen Minderheiten zu provozieren".

Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sind seit den 1980er Jahren mindestens 53 Menschen in Pakistan wegen Blasphemievorwürfen gelyncht worden. Bislang sei noch niemand nach einem Blasphemieurteil hingerichtet worden - jedoch sei eine Reihe von Verurteilten unter nie einwandfrei geklärten Umständen in den Gefängnissen ums Leben gekommen. Nach Angaben von Amnesty International wurden seit Beginn der 1980er Jahre mindestens 633 Muslime, 494 Ahmadis, 187 Christen and 21 Hindus wegen Gotteslästerung angeklagt.

Der wohl prominenteste Häftling ist die Christin Asia Bibi. Die Mutter von fünf Kindern wurde als erste Frau in Pakistan wegen Blasphemie angezeigt und im November 2010 zum Tod verurteilt. Im Oktober 2014 bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil; im Juli 2015 setzte der Oberste Gerichtshof die Todesstrafe aus und machte damit den Weg frei für die erneute Anhörung. Die Berufungsverhandlung am 13. Oktober 2016 wurde dann aber verschoben. Hilfsorganisationen und Menschenrechtler, Politiker und Kirchenvertreter aus aller Welt dringen auf ihre Freilassung - bislang ohne Erfolg.

Auch sind in den vergangenen Jahren in Pakistan immer wieder Journalisten verschwunden oder durften das Land nicht verlassen; im April 2014 wurde der Moderator Hamid Mir angeschossen. Die Pressefreiheit stehe weltweit unter Druck, warnen die Menschenrechtler von ROG. Das liege einerseits an autoritären Tendenzen wie in Ägypten oder der Türkei, aber eben auch an religiösen Ideologien.

Seit Jahresbeginn demonstrierten laut ROG Hunderte Menschen in Pakistan für die Freilassung der verschwundenen Blogger. Die Regierung müsse "die Fälle gründlich und transparent untersuchen und darf dabei eine mögliche Entführung durch den Geheimdienst nicht ausschließen", mahnt Mihr.

Kritische Journalisten stünden in Pakistan im Visier von extremistischen Gruppen, islamistischen Organisationen und Geheimdiensten, betont die Organisation. Sie zählt Pakistans militärischen Geheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI) und die Taliban zu den weltweit größten Feinden der Pressefreiheit. Der ISI spielt demnach eine so wichtige Rolle im Land, dass einige Journalisten ihn als Staat im Staate bezeichnen. Viele Medien übten sich in Selbstzensur.

Ein Amnesty-Bericht aus dem vergangenen Dezember beklagt zudem, dass auch Polizisten, Anwälte und Richter in einem Klima der Angst arbeiteten. Das hindere sie, ihre Arbeit unparteiisch und angstfrei zu erledigen, heißt es. Und: Selbst wenn die Blasphemie-Beschuldigten freigelassen würden, seien sie weiter in Lebensgefahr. Darunter leide das Klima im Land insgesamt, schreibt die Zeitung "Dawn": Diejenigen, die sich für ein tolerantes Pakistan einsetzten, litten unter Angst und Einschüchterung. (KNA)