Debatte um Ditib-Spionage-Affäre - Verband will Vorwürfe prüfen

In der Spionage-Affäre um die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) soll der Moscheeverband nach Informationen von "Kölner Stadt-Anzeiger" und "Kölnischer Rundschau" (Mittwoch) zwei Prediger bereits Mitte Dezember zurück in die Türkei beordert haben. Ihnen werde vorgeworfen, sich an Bespitzelungen beteiligt zu haben. Zur Rückbeorderung sei es offenbar gekommen, um sie vor einer möglichen Strafverfolgung zu schützen. Es handelt sich den Zeitungen zufolge um Imame aus den Gemeinden in Bergneustadt und Engelskirchen.

Das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen will den Angaben zufolge in der Affäre die Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft abwarten, bevor es Konsequenzen zieht. "Konsequenzen sind auf der Grundlage von Tatsachen zu ziehen", sagte eine Sprecherin dem "Stadt-Anzeiger". Die Landesregierung habe Ditib-Vertretern bereits deutlich gemacht, dass sie "von allen Organisationen Türkeistämmiger, mit denen sie zusammenarbeitet, erwartet, dass diese sich nicht an Spitzel-Aktionen oder ähnlichem beteiligen". Möglich wäre, dass die Zusammenarbeit mit der Ditib im Beirat für islamischen Religionsunterricht an Schulen beendet wird.

Auch das Bundesinnenministerium verwies am Mittwoch auf die laufenden Ermittlungen des Generalbundesanwalts. Die Anwaltschaft habe sich der Sache angenommen und könne bei Fluchtgefahr auch Haftbefehle erlassen, sagte der Parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder (CDU).

Die Bundesregierung nehme jeden Hinweis auf etwaige Spionage und mögliche Einflussnahme sehr ernst, betonte Schröder. "Es ist Aufgabe der Länder zu prüfen, ob Ditib den Status einer selbstständigen Religionsgemeinschaft verliert", fügte er hinzu. "Wir erwarten von Ditib, dass Ditib seinerseits nun alles dafür tut, um aufzuklären, und nichts vertuscht wird."

Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga bekräftigte, dass Ditib die Vorwürfe ernst nehme und prüfe. Nichtsdestotrotz habe die türkische Religionsbehörde Diyanet, die für Ditib zuständig ist, aber eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Wenn dieses System von heute auf morgen abgeschafft werde, "haben wir ein großes Problem". Langfristig könne man darüber erst nachdenken, wenn es ausreichend in Deutschland ausgebildete Imame gebe.  

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann bedauerte das vorläufige Scheitern der Verhandlungen über einen Rahmenvertrag mit der Ditib. Er hoffe, dass es sich dabei um eine Denkpause handele und dass es in kleinen Schritten weitergehe. Die Aussetzung war in der vergangenen Woche bekannt geworden. Die niedersächsische Landesregierung hatte erklärt, es gebe noch offene Fragen mit Blick auf eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Ein wichtiger Punkt seien auch Zweifel an der Unabhängigkeit des Verbandes von der Türkei.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, nannte es "bigott", wenn nun alle mit dem Finger auf Ditib zeigten. Es sei nicht neu, dass Imame von der Türkei bezahlt würden und dass dies problematisch sein könne. Es sei keine Lösung zu fordern, nun alle Imame abzuziehen. Zugleich forderte er, dass es eine "radikale Aufklärung" zu den Vorwürfen geben müsse. Der Vorfall habe bereits jetzt "viel Vertrauen kaputt gemacht". (KNA)