Irakische Armee rückt in IS-Hochburg Mossul ein

Gut zwei Wochen nach dem Beginn ihrer Großoffensive sind irakische Streitkräfte in die Dschihadisten-Hochburg Mossul eingerückt. Die "wirkliche Befreiung" der nordirakischen Stadt aus den Händen der Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) habe nun begonnen, sagte ein Kommandeur der irakischen Spezialeinheiten CTS am Dienstag. Die Türkei verlegte derweil Panzer an die Grenze zum Irak, obwohl Bagdad eine Beteiligung Ankaras an der Mossul-Offensive strikt ablehnt.

Irakische Spezialeinheiten seien am Dienstag bis in das Gebiet Dschudaidat al-Mufti im Südosten der Großstadt vorgedrungen, teilte das irakische Oberkommando mit. Zuvor hatten Eliteeinheiten nach Angaben eines Offiziers das Dorf Gogdschali am östlichen Stadtrand sowie die TV-Station von Mossul unter ihre Kontrolle gebracht.

Damit rückten die Regierungstruppen erstmals seit Sommer 2014 in die Stadt ein, die damals von den Dschihadisten überrannt worden war. "Jetzt ist der Beginn der wirklichen Befreiung der Stadt Mossul", sagte CTS-Kommandeur Taleb Schegati al-Kenani im irakischen Staatsfernsehen. Auch im Norden und Südwesten der Stadt nahmen die Armee und regierungstreue Milizen mehrere Dörfer ein.

Die Offensive zur Rückeroberung Mossuls vom IS hatte am 17. Oktober begonnen. An ihr sind zehntausende irakische Soldaten und kurdische Peschmergakämpfer im Norden, Osten und Süden der Stadt beteiligt. Sie werden durch Luftangriffe der internationalen Anti-IS-Koalition unter Führung der USA unterstützt.

Seit dem Beginn der Offensive habe die Allianz die Dschihadisten mit knapp 3000 Bomben, Granaten und Raketen attackiert, sagte der Sprecher der Militärkoalition, US-Oberst John Dorrian. Im Westen der Stadt versuchen zudem vom Iran unterstützte schiitische Milizen die Versorgungswege der IS-Kämpfer nach Syrien abzuschneiden.

Der irakische Regierungschef Haider al-Abadi hatte am Montagabend im Staatsfernsehen verkündet, der Ring um den IS werde von allen Seiten geschlossen. Für die Dschihadisten gebe es keinen Fluchtweg, sie müssten "sterben oder sich ergeben".

In der Millionenstadt werden mehrere tausend IS-Kämpfer vermutet. Es wird ein schwieriger und langer Häuserkampf bis zur völligen Rückeroberung der Stadt erwartet. Nach UN-Angaben wollen die Dschihadisten auch entführte Zivilisten als menschliche Schutzschilde in Mossul missbrauchen. Befürchtet wird auch, dass die Islamisten in der ganzen Stadt Sprengfallen deponiert haben.

Die Menschenrechtsorganisation Save The Children forderte Fluchtkorridore für die hunderttausenden Kinder in Mossul. Es sei dringend nötig, "sichere Passagen zu öffnen", damit die in der Stadt lebenden 1,5 Millionen Zivilisten, darunter 600.000 Kinder, die Stadt verlassen könnten, erklärte die NGO.

Für einen zusätzlichen Konflikt könnte das Vorgehen der türkischen Regierung sorgen: Obwohl die irakische Regierung eine Beteiligung türkischer Einheiten an der Mossul-Offensive ablehnt, verlegte die Türkei am Dienstag Panzer und Artillerie in die Nähe der Grenze zum Irak. Ein Militärkonvoi mit rund 30 Fahrzeugen, die vorwiegend Panzer und Geschütze transportieren, verließ am Dienstagnachmittag Ankara und war auf dem Weg nach Silopi, wie ein türkischer Militärvertreter sagte.

IS-Kämpfer kontrollieren bislang einen Korridor westlich von Mossul, der die Stadt mit dem syrischen Teil des von ihnen 2014 ausgerufenen "Kalifats" verbindet. In Syrien liegt auch die zweite Hochburg der IS-Miliz, die Stadt Raka. Die USA und verbündete Staaten rechnen schon bald mit einer Offensive auch auf Raka.

Mossul war einst eine Hochburg der Anhänger des früheren Machthabers Saddam Hussein. Nach dessen Sturz schlossen sich viele von ihnen dem IS an. Die ethnisch und religiös gemischte Stadt am Tigris ist von großer strategischer Bedeutung, nicht nur wegen ihrer Ölfelder und Raffinerien.

Brisant ist daher die Frage, wer nach einer Vertreibung der sunnitischen IS-Miliz die Kontrolle über Mossul übernimmt, das unter anderem von Kurden und der Zentralregierung in Bagdad beansprucht wird. (AFP)

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