Friedenspreisträgerin Carolin Emcke: Hass ist kein Naturgesetz

Die neue Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels, Carolin Emcke, glaubt nicht, dass Ausgrenzung und Hass eine Art Naturgesetz sind. «Hass ist nicht einfach da. Er wird geformt», sagte die 49-jährige Publizistin in einem Interview des «Spiegel». Kollektiver Hass sei nicht nur ein persönliches Gefühl. Er brauche vielmehr Raster, mit denen er sich seine Opfer zulege.

Die Schreihälse auf der Straße seien nur Marionetten. Die Vorlagen kämen aus sozialen Medien, Reden, sozialen Medien, Publikationen und Talk-Shows. «Dort sitzen die Zulieferer des Hasses», sagte Emcke. Die in Mülheim/Ruhr geborene Journalistin erhält zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse am 23. Oktober in der Paulskirche den mit 25.000 Euro dotierten Friedenspreis. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels würdigt damit ihre Beiträge zum gesellschaftlichen Dialog und zum Frieden.

Emcke unterstrich, Missachtung und Aggressivität beträfen nicht nur Schwule, Lesben, Juden oder Muslime. «Alle, die in einer liberalen, zivilen Gesellschaft leben wollen, sind betroffen», sagte die Journalistin. Deshalb müssten alle für Toleranz eintreten. «Als Homosexuelle und als Publizistin gehöre ich selbst zu zwei Gruppen, die zurzeit besonders verhasst sind», erläuterte Emcke. Aber weil sie weiß und nichtmuslimisch sei und einen deutschen Pass habe, ergehe es ihr besser als vielen anderen.

Emcke plädierte dafür, Vielfalt nicht nur zu dulden, sondern zu feiern. Sie fühle sich weniger verletzbar, wenn die Gesellschaft verschiedene religiöse und politische Überzeugungen, Lebensentwürfe und Ausdrucksformen zulasse und aushalte, auch wenn es ihr fernliegende seien. «Nicht die Vielfalt, die Gleichheit macht mir Angst», fügte sie hinzu. (epd)