DITIB droht mit Ausstieg aus Integrationsgipfel

Die "Türkisch-Islamische Union" (DITIB), Ansprechpartner bei dem von der Bundesregierung ins Leben gerufenen Integrationsgipfel, ist verärgert über das geplante Zuwanderungsgesetz. Einzelheiten von Peter Philipp

Die "Türkisch-Islamische Union" (DITIB), größter muslimischer Verband in Deutschland und Ansprechpartner bei dem von der Bundesregierung ins Leben gerufenen Integrationsgipfel ist enttäuscht und verärgert über die geplante Verschärfung des Zuwanderungsgesetzes. Einzelheiten von Peter Philipp

Teilnehmer am letztjährigen Integrationsgipfel in Berlin mit Kanzlerin Merkel; Foto: AP
Wenn der Integrationsgipfel am 12. Juli zum zweiten Mal zusammentritt, könnte dies ohne DITIB geschehen.

​​Der Bundestag hat bereits zugestimmt, nun hängt vom Bundesrat ab, der am 6. Juli darüber berät, ob im Umgang mit Migranten künftig ein härterer Kurs gefahren wird als bisher.

Sollte der Bundesrat auch zustimmen, dann werde DITIB entscheiden und sich möglicherweise zum Rückzug aus den gemeinsamen Runden mit der Bundesregierung zurückziehen, so Bekir Alboğa, Dialogbeauftragter von DITIB. Diese Veranstaltungen seien schließlich nicht dazu da, "schöne gemeinsame Fotos zu machen", sondern um Probleme zu behandeln und zu lösen.

Nicht als Partner behandelt

Alboğa zeigt sich zutiefst enttäuscht: Bisher habe er an den Dialog geglaubt, und er sei überzeugt gewesen, dass man wertvolle Arbeit leiste. Nun aber habe man feststellen müssen, dass man bei der Neuformulierung des Zuwanderungsgesetzes nicht als Partner behandelt und nicht einmal gefragt worden sei.

Das bisherige Resultat richte sich eindeutig gegen die Türken in Deutschland, so Alboğa: "Jedes Vorhaben, ein Zuwanderungsgesetz zu verändern, hat uns bis heute gezeigt, dass immer die türkisch-stämmigen Migrantinnen und Migranten Benachteiligungen und Diskriminierung erfahren."

Als Beispiele nennt Alboğa die Abschaffung der doppelten Staatsangehörigkeit und die Verschärfung des Zuwanderungsgesetzes. So wird in dem Gesetzentwurf gefordert, dass Ehepartner aus Nicht-EU-Ländern nur dann eine Einreiseerlaubnis nach Deutschland bekommen, wenn sie mindestens 18 Jahre alt sind und wenn sie zuvor "ausreichende" Deutschkenntnisse erworben haben.

Zunehmende Benachteiligung

Hiermit werde vor allem die Eheschließung von Türken mit Partnern aus der alten Heimat erschwert, statt diesen Partnern die Auflage zu erteilen, Deutsch in Deutschland zu lernen.

Ebenso fordert das Gesetz von Migranten, die die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen wollen, dass sie über Arbeit und ausreichendes Einkommen verfügen. Junge Leute, besonders Auszubildende, aber auch Studenten, würden damit automatisch benachteiligt.

Und selbst Migranten, die bereits jahrelang in Deutschland leben und deren Kinder hier aufgewachsen sind, können Probleme mit dem neuen Gesetz bekommen: Wenn sie nicht richtig Deutsch gelernt haben, können sie als nicht integriert eingestuft und vielleicht sogar abgeschoben werden.

Vorwurf gegen Innenminister Schäuble

Dies befürchtet man zumindest bei DITIB. Und man wirft der Bundesregierung vor, hiermit gezielt Türken zu benachteiligen. Die Kritik des Verbandes richtet sich besonders gegen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der mit dem Entwurf hintertreibe, was man unter anderem im Dialog mit der Bundeskanzlerin an positiver Zusammenarbeit erreicht habe.

Und auch von der SPD ist Bekir Alboğa enttäuscht: Es sei sehr bedauerlich, dass die Sozialdemokraten die Verschärfung hingenommen habe, meint der Dialogbeauftragte von DITIB.

Die Bundesregierung behauptet, mit den neuen Formulierungen nur Dinge ins Gesetz aufgenommen zu haben, die von der EU gefordert worden seien. Und bei der Aufstockung der Altersgrenze für Ehepartner aus dem Ausland wolle man Zwangsehen verhindern.

Doch solche Argumente lässt man bei DITIB nicht gelten. Man fühlt sich diskriminiert und sieht die Bemühungen um Integration der vergangenen Jahre hintertrieben. Und vorerst zumindest gibt man sich entschlossen, im Fall einer Annahme des Gesetzes durch den Bundesrat die Konsequenzen zu ziehen und die Zusammenarbeit aufzukündigen:

Peter Philipp

© Qantara.de 2007

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