Imagetour in den Nahen Osten?

Bei seiner neuntägigen Nahostreise will US-Präsident George W. Bush die Friedensverhandlungen vorantreiben. Warum hat er sich vorher noch nicht in Israel und den palästinensischen Gebieten blicken lassen? Ein Kommentar von Peter Philipp

Symbolbild: USA-Israel-Palästina, Foto: DW
Kann Präsident Bush tatsächlich noch etwas bewegen oder will er nur sein Image in Nahost aufpolieren?

​​Harte Arbeit hat US-Präsident George W. Bush vor Antritt seiner ersten offiziellen Reise (8.-16.1.2008) ins Zentrum des Nahostkonflikts angekündigt: "Es wird klare Entscheidungen in komplexen Fragen erfordern. Aber ich bin optimistisch, und ich werde klarstellen, dass sich Amerika beiden Seiten gegenüber verpflichtet fühlt, die gemeinsame historische Vision zu verwirklichen: Zwei demokratische Staaten, Israel und Palästina, die in Frieden und Sicherheit nebeneinander leben."

Neue Töne, die Bush anschlägt, denn kurz nach seiner ersten Wahl im Jahr 2000 hatte er klar gestellt, dass er einen vermeintlichen Fehler seines Vorgängers nicht wiederholen werde: Bill Clinton hatte immer wieder versucht, zwischen Israelis und Palästinensern zu vermitteln, hatte dabei sein ganzes Prestige eingesetzt und dennoch nichts erreicht.

Schlimmer noch: Nur Wochen nach Clintons letztem Vermittlungsversuch in Camp David brach im Herbst 2000 die "Al-Aksa-Intifada" aus, die tausende Menschen das Leben kostete und für Jahre jede Hoffnung auf Frieden begrub.

Später Besuch

Bushs Besuch bei Israelis und Palästinensern ist eine späte Kurskorrektur. Nicht zu spät, denn Hilfe in Nahost kann ebenso wenig zu spät kommen wie sie zu früh kommen kann. Aber es darf doch ernsthaft bezweifelt werden, ob Bush noch etwas bewegen kann - oder ob er nicht einfach nur versucht, in den letzten Monaten seiner Amtszeit sein Image in Nahost aufzupolieren.

Dieses Image ist bisher bestimmt vom Irakkrieg, dem Kampf gegen den Terrorismus und den vollmundigen Ankündigungen, der Region Demokratie und Freiheit zu bringen. Mit all dem erlitt er Schiffbruch und wenn die Gewalt im Irak auch etwas rückläufig zu sein scheint, so agitiert Bush doch weiter gegen Länder wie Syrien und den Iran, konkrete Fortschritte im israelisch-palästinensischen Konflikt sind bisher ausgeblieben.

Im Gegenteil: In den Palästinensergebieten wurden vor zwei Jahren freie Wahlen abgehalten, aber die islamistische Hamas gewann und es kam zum Bruch: Hamas kontrolliert den Gazastreifen, die Fatah von Mahmud Abbas die Westbank.

Der ergebene Freund Israels

Bush ist ratlos. Für ihn steht nur fest, dass Hamas kein Gesprächspartner ist: Sie solle in ihren Statuten das Existenzrecht Israels anerkennen, fordert er: "Wenn sie das nicht tun, werden wir mit ihnen nichts zu tun haben", so Bush.

Israels Premierminister Ehud Olmert (l.) mit US-Präsident George W. Bush (m.) und Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas; Foto: AP
Kann Bush zwischen Olmert und Abbas eine Einigung erzielen?

​​Stattdessen setzt er auf Abbas und dessen Premierminister Salam Fayyad, die an der von Außenministerin Condoleezza Rice organisierten Nahostkonferenz von Annapolis teilnehmen und sich zu Friedensverhandlungen mit Israel bereit erklären.

Und Bush setzt weiterhin auf Israel. Mehr als alle seine Vorgänger erweist dieser Präsident sich als treuer und ergebener – manche sagen: blind ergebener – Freund Israels. Erste Irritationen im Verhältnis zum damaligen Premier Ariel Scharon wichen rasch einer offen demonstrierten politischen Allianz und sicher auch persönlichen Seelenverwandtschaft:

Jerusalem und Washington in einer "Front" gegen den Irak, gegen den Iran, gegen Syrien. Scharon und Bush waren sich einig in der Einschätzung, dass gegen sie sei, wer nicht mit ihnen marschiere. Darum ließ Bush Scharon gewähren, auch, als dieser im Sommer 2002 eine Ablösung des damaligen PLO-Chefs Jassir Arafat forderte.

Klare Worte gefordert

Bush akzeptierte auch Scharons Entschluss, unbeirrt neue Siedlungen zu bauen, während er gleichzeitig vom Abbau so genannter illegaler Siedlungen sprach. Auch den Plan eines einseitigen Rückzuges aus Gaza unterstützte Bush, und er gestand Israel gleichzeitig zu, in der Westbank ganze Siedlungsblöcke zu behalten.

Scharon selbst bestätigte er staatsmännisches Verhalten: Eine "starke und visionäre Führung" bescheinigte er dem Israelischen Ministerpräsidenten, der "schwere Schritte" unternehme, "um das Leben der Menschen im Nahen Osten zu verbessern".

Seit zwei Jahren liegt Scharon jetzt im Koma, das Verhältnis Bushs zu Nachfolger Ehud Olmert ist aber ähnlich gut und es hat weder unter den israelischen Militäroperationen im Gazastreifen gelitten noch unter dem Libanonkrieg, für den Olmert zu Hause scharf kritisiert wird, nicht aber im Weißen Haus.

Da spielt es schon fast keine Rolle, dass Olmert ebenso wie schon Scharon weiter Siedlungen in der Westbank ausbaut und Hindernisse auf dem Weg zum Frieden errichtet. Wenn Bush das ändern – und damit in der arabischen Welt punkten – will, dann müsste er wohl schon endlich einmal ein Machtwort gegenüber Israel sprechen. Aber genau das gehört nicht ins Konzept der Nahostpolitik von Bush.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE 2008

Qantara.de

Israelisch-arabischer Konflikt
Bescheidenheit im Nahen Osten
Beim geplanten Treffen des Nahost-Quartetts in Washington sollten neue Bemühungen nicht größeren Schaden anrichten, als sie Nutzen bringen. Scheitern zu vermeiden sei besser, als große Erfolge zu erzielen, meint Richard N. Haass in seinem Kommentar.

Neue Friedensverhandlungen über Nahost
Das gespaltene Haus Palästina
Die Palästinenser sind mit einer harten Realität konfrontiert. Egal, welche Maßnahmen ergriffen werden, um der Hamas entgegenzutreten, sie werden das nationale Projekt Palästina untergraben, schreibt Mkhaimar Abusada, Professor für politische Wissenschaft an der Al-Azhar-Universität in Gaza, in seinem Kommentar.

Hamastan vs. Fatah-Land
Chance für Fortschritt in Nahost?
Die derzeitige einseitige Unterstützung der Notstandsregierung von Salam Fayyad in der West Bank durch Israel und den Westen kann nicht zu einem dauerhaften Frieden in Nahost führen, meint Muriel Asseburg in ihrem Kommentar.