Erster gemeinsamer Klima-Appell aller Weltreligionen

Vatikanstadt. Erstmals haben Vertreter nahezu aller Religionen gemeinsam mit Wissenschaftlern dazu aufgerufen, weltweite Klimaschutzmaßnahmen umgehend zu intensivieren. Im Vorfeld des COP26-Klimagipfels Anfang November in Glasgow präsentierten sie am Montag im Vatikan als Ergebnis monatelanger Beratungen einen entsprechenden Appell. Diesen übergaben die fast 40 Religionsvertreter an den designierten Präsidenten der COP26, den Briten Alok Sharma, und an Italiens Außenminister Luigi Di Maio.

In dem Appell gehen die Religionen auf eine gemeinsame moralische Verpflichtung zur Bewältigung des Klimawandels ein. Alle religiösen und spirituellen Traditionen mahnten sowohl Sorge für andere Menschen wie auch für die Schöpfung an. Im Einzelnen fordern Wissenschaft und Religionen, die Welt möge so schnell wie möglich einen Netto-Kohlendioxid-Ausstoß von Null erreichen. Dies sei notwendig, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Reiche Länder müssten sich dabei vermehrt engagieren - durch striktere Maßnahmen und finanzielle Hilfen für ärmere Staaten. Gefordert werden weiterhin internationale Kooperation beim Übergang zu sauberer Energie, nachhaltiger Landnutzung und Nahrungsmittelproduktion sowie verantwortungsvoller Finanzierung.

Religionsführer sollten ihre Gläubigen aufklären und motivieren, sich aktiv an der öffentlichen Debatte über Umweltfragen zu beteiligen. Zugleich sollen sie selbst und ihre Institutionen in Lebensstil und Umgang mit eigenem Vermögen stärker auf Nachhaltigkeit setzen.

Zu den Unterzeichnern gehören neben Papst Franziskus hochrangige Vertreter aller christlichen Konfessionen, des sunnitischen und schiitischen Islam, des Judentums, des Hinduismus, des Sikhismus, des Buddhismus, des Konfuzianismus, des Taoismus, des Zoroastrismus und des Jainismus. "Mit dem Wissen der Wissenschaft und der Weisheit der Religion" müsse man dringend "um der gesamten Menschheit willen langfristig denken", heißt es in dem Appell. "Künftige Generationen werden uns nie verzeihen, wenn wir es versäumen, unsere gemeinsame Heimat zu schützen."

Die Wissenschaft, so der Präsident der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, Joachim von Braun, sei sich beim Klimawandel schon lange einig. Jetzt könne man sagen: "Auch die Religionen sind sich in dieser Frage einig."

Der designierte Präsident der COP26, Alok Sharma, sagte: "Ich fühle mich geehrt, diesen historischen gemeinsamen Appell entgegenzunehmen." Die Stimmen derjenigen müssten gehört werden, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, so Sharma. Die Initiative zur Konferenz war von der britischen und italienischen Botschaft beim Heiligen Stuhl ausgegangen. Großbritannien ist Gastgeber der COP26, Italien hat derzeit den G20-Vorsitz inne.

Im September hatte Papst Franziskus in einem gemeinsamen Appell mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. und dem anglikanischen Primas Justin Welby mehr Einsatz für den Klimaschutz gefordert. Über einen Besuch des Papstes bei der 26. Konferenz der Mitgliedstaaten der UN-Klimarahmenkonvention, "Conference of the Parties" (COP26) in Glasgow wird seit geraumer Zeit spekuliert. Die Schottische Bischofskonferenz hat seinen Besuch bereits angekündigt, vom Vatikan gibt es bislang keine Bestätigung. (KNA)