Konservative Verbände bei Deutscher Islam Konferenz in der Kritik

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die Muslime in Deutschland zum Aufbau klarerer Strukturen aufgerufen. Der Staat brauche im Dialog mit dem Islam einen festen Ansprechpartner, finde ihn aber nicht, sagte er zum Auftakt der Deutschen Islamkonferenz (DIK) am Mittwoch in Berlin. "Ich bin ratlos, warum das so ist", so der Minister an die Adresse der Islamverbände. Er beklagte zudem, dass es den Verbänden trotz fast zehnjähriger Debatte nicht gelungen sei, eine praktikable Imamausbildung in Deutschland zu organisieren.

Zuvor hatte Seehofer in einer Grundsatzrede einen "Islam für Deutschland" gefordert. Dieser müsse auf dem Boden der Verfassung stehen. Dazu zähle auch der Kampf gegen Antisemitismus. Beim anschließenden Podium fügte er hinzu, das Existenzrecht Israels gehöre zur deutschen Staatsräson und müsse von den hiesigen Muslimen anerkannt werden.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, unterstützte die Forderung nach einem Islam deutscher Prägung. Es sei aber nicht sinnvoll, die Religion zu "nationalisieren". Mit Blick auf eine mangelhafte islamische Interessenvertretung richtete Mazyek Vorwürfe an die staatliche Seite. Die Bundesländer täten sich schwer beim Abschluss von Staatsverträgen mit den Islamverbänden. Nach seinen Worten könnte es noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis der organisierte Islam einen zentralen Ansprechpartner gebildet hat.

Aus Sicht von Serap Güler, NRW-Staatssekretärin für Integration, liegt ein "deutscher Islam" noch in weiter Ferne. Solange Verbände aus dem Ausland fremdgesteuert würden, könne es einen solchen Islam nicht geben. "Ich habe ein Problem damit, wenn der türkische Präsident darüber entscheidet, wer Vorsitzender der Ditib ist", sagte sie mit Blick auf den türkisch-islamischen Verband, der als verlängerter Arm des Religionsministeriums in Ankara gilt.

Vonseiten säkularer Muslime kam es zu heftigen Vorwürfen gegen die Islamverbände. Die DIK sei vor zwölf Jahren gegründet worden, um die Verbände als Partner für die Integration und gegen die Bildung von Parallelgesellschaften zu gewinnen. "Doch nichts davon ist passiert", kritisierte der Politologe Hamed Abdel-Samad. Nach wie vor seien in den Verbänden lediglich ethnisch-religiöse Vereine zusammengeschlossen, die für einen abgeschotteten, konservativen Islam stünden. Wer eine Öffnung wolle, werde "abgesägt", so Abdel-Samad mit Hinweis auf den jüngst erfolgten Rücktritt des Ditib-Vorstands in Niedersachsen.

Die Mitbegründerin des Liberal-Islamischen Bundes, Lamya Kaddor, warf Mazyek vor, auf dem Podium die Toleranz und das Miteinander zu betonen, aber die Diffamierung liberaler Muslime durch Verbandsvertreter mitzutragen. Seyran Ates, Anwältin und Frauenrechtlerin, erklärte konservative Muslime mitverantwortlich dafür, dass Islamkritiker wie sie oder Abdel-Hamad nur mit Personenschützern der Polizei an der DIK teilnehmen könnten.

Kritik gab es auch an der Besetzung der aktuellen Islamkonferenz. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Sevim Dagdelen, bezeichnete die angekündigte Neuausrichtung als "wohlfeil", solange die Bundesregierung die Kooperation "mit reaktionären Verbänden nicht beendet". Konkret nannte Dagdelen hier die Ditib und den Zentralrat der Muslime in Deutschland. Der religionspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hermann Gröhe, lobte es dagegen, dass das Spektrum der Gesprächspartner um "neue, religiöse wie säkulare Initiativen, Vereine und Organisationen sowie wichtige Einzelpersonen aus dem muslimischen Spektrum" erweitert worden sei. (KNA)