Wissenschaftler fordert Maßnahmen für Wiederaufbau von Aleppo

In der Debatte um einen Wiederaufbau in Syrien beobachtet der Islamwissenschaftler Stefan Weber eine "Fixierung" auf die zerstörte Ruinenstadt Palmyra. Diese Diskussion verstelle "den Blick auf die wichtigste Schnittstelle von Wiederaufbau und kulturellem Erbe: die bewohnten Altstädte von Homs, Raqqa, Deir El-Zor und vor allem Aleppo", schreibt er in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag). Weber, der Direktor des Museums für Islamische Kunst/Pergamonmuseum ist, hat zwölf Jahre in Syrien und im Libanon gelebt.

Niemand spreche mehr über Aleppo, kritisiert der Experte: "So als würde Barcelona oder Florenz seit zwei Jahren vergessen in Trümmern liegen." Aleppo sei eine der wichtigsten Altstädte im Mittelmeerraum und zudem um die älteste durchgehend besiedelte Stadt der Welt. Für einen möglichen Wiederaufbau geschehe jedoch "viel zu wenig".

Religionsgemeinschaften und Ladeninhaber reparierten ihre Gebäude vielfach in Eigenregie, erläutert Weber. Es gebe allerdings zu wenige Denkmalpfleger, obwohl die Menschen durchaus gewillt seien, die Stadt denkmalgerecht wiederaufzubauen. "Nur fehlen die Ressourcen und das Wissen." Für die Syrer sei die Altstadt von Aleppo "zum nationalen Symbol geworden, ähnlich wie es Palmyra für die westliche Öffentlichkeit ist".

Weber fordert eine Geberkonferenz, um die Menschen vor Ort bei ihrem Einsatz zu unterstützen. Dies wäre "dringlicher, als über das antike Palmyra zu diskutieren". Die Restaurierung und Rekonstruktion der Ruinen sei vielmehr "eine Frage für die syrische Nachkriegsgesellschaft und drängt - sofern das Steinmaterial dokumentiert und geordnet ist - nicht". (KNA)