Ramadan weltweit: Geschlossene Moscheen und virtuelles Fastenbrechen

Für etwa 1,6 Milliarden Muslime weltweit hat am Freitag der Fastenmonat Ramadan begonnen. Eigentlich ist es für viele Muslime eine Zeit des Gebets in den Moscheen und der intensiven Sozialkontakte. In diesem Jahr ist wegen Corona vieles anders. Von Simon Kremer

Ausgehbeschränkungen und geschlossene Moscheen prägen in diesem Jahr für viele Muslime den Fastenmonat Ramadan. Wegen der weltweiten Corona-Pandemie haben zahlreiche Regierungen in den islamisch geprägten Ländern harte Einschränkungen erlassen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Aber nicht alle Länder und Geistliche ziehen mit.

«Diesen Ramadan vermissen wir eine Menge Traditionen», erzählt Ali al-Ruhaibi aus Libyen. «Wir vermissen die gemeinsamen Gebete in den Moscheen, die Koranrezitationen, das Lächeln der Menschen bei den Armenspeisungen in den Straßen.»

Für rund 1,6 Milliarden Muslime hat am Freitag der Fastenmonat begonnen, in dem gläubige Muslime zwischen Sonnenauf- und untergang auf Essen, Trinken, Rauchen und Sex verzichten. In einigen Ländern wie Oman und Iran beginnt der Ramadan erst am Samstag. Der Beginn richtet sich nach der Sichtung des Neumondes und kann variieren. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Hinweise für Muslime veröffentlicht, um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern.

Neben gesteigerter Hygiene sollten Gläubige auf ausreichend Abstand achten und, wenn möglich, Treffen unter freiem Himmel abhalten. Der Umgang mit dem Corona-Virus und dem Ramadan wurde in der arabischen Welt teilweise kontrovers diskutiert. Forderungen nach einer Absage des Fastens erteilte die einflussreiche Al-Azhar-Lehranstalt in Kairo am Freitag aber eine klare Absage. Das Fasten im Ramadan sei obligatorisch, betonte der Großimam der Al-Azhar, Ahmed al-Tayib, in einer Videobotschaft. Das Fasten gehört zu den fünf Säulen des Islams.

Normalerweise kommen die Menschen abends zum gemeinsamen Fastenbrechen zusammen. Gläubige verbringen die Zeit zudem in Moscheen, um gemeinsam zu beten und den Koran zu lesen. Auch große Essenstafeln für Bedürftige sind in vielen Ländern, wie etwa in Ägypten, verboten worden.

«Es schmerzt mich, dass wir diesen Monat unter Umständen beginnen, die uns vom gemeinsamen Gebet in den Moscheen abhalten», sagte Saudi-Arabiens König Salman in einer Mitteilung der staatlichen Nachrichtenagentur SPA. In dem Königreich sind mit Mekka und Medina die beiden heiligsten Stätten des Islam beheimatet.

In der Türkei behalten Behörden sich sogar vor, Straßen abzusperren, sollte es dort zu Menschenansammlungen kommen. Das gemeinsame Fastenbrechen in großen Gruppen ist untersagt. Auch Zelte, die traditionell etwa auf dem Istanbuler Taksim-Platz zum Fastenbrechen aufgestellt werden, gibt es dieses Jahr nicht. Der mit offiziell mehr als 86.000 Infizierten besonders betroffene Iran will Anfang Mai eine rasche Wiedereröffnung der heiligen Stätten und Moscheen prüfen.

Während in den meisten islamisch geprägten Ländern Moscheen also geschlossen bleiben, setzt Pakistan auf einen anderen Weg. Dort bleiben Moscheen geöffnet, aber die Teppiche müssen aus hygienischen Gründen entfernt werden. Zudem sollen Abstandsregelungen eingehalten werden.

In Afghanistan finden weiterhin vielerorts Freitagsgebete statt. Indonesien - das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt – hat seinen Bürgern untersagt, zum Fest des Fastenbrechens am Ende des Ramadan in ihre Heimatstädte zu reisen. Vergangenes Jahr waren dazu etwa 15 Millionen Muslime aus der Hauptstadtregion Jakarta Richtung Heimat gefahren.

An manchen Orten versuchen Muslime, kreative Lösungen im Umgang mit dem Corona-Virus und dem Ramadan zu finden. In Großbritannien ruft eine Initiative zum gemeinsamen - virtuellen - Fastenbrechen auf. Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, hatte die Gläubigen in Deutschland auf einen etwas anderen Ramadan eingestimmt.

«Es gab in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder Pandemien, bei denen Gebete, Freitagsgebete, ja selbst die Hadsch (Pilgerfahrt) ausgesetzt werden musste, das gehört auch zu unserer Geschichte», schrieb Mazyek vor einigen Tagen in seiner Ramadan-Botschaft. In diesem Jahr sei vieles anders. «Wir machen unsere Wohnungen zu den Orten der Anbetung, zu Orten des Lernens und zu den Orten der Begegnung mit Allah.» (dpa)