Drohender Staatsbankrott: Libanon kommt erstmals seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach

Der Libanon kommt zum ersten Mal in seiner Geschichte seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach. Der neue Ministerpräsident Hassan Diab sagte am Samstagabend in einer Fernsehansprache, dass der Staat eine am Montag fällige Anleihe in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro nicht zurückzahlen werde. Sein Land strebe eine Umschuldung an und wolle mit allen Gläubigern "faire Verhandlungen" führen.

Bislang konnte das hoch verschuldete Land seinen Zahlungsverpflichtungen noch nachkommen. Allerdings hat sich die wirtschaftliche und finanzielle Lage in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Die Kreditwürdigkeit des Landes wurde von den Ratingagenturen bereits mehrfach herabgestuft.

Der Libanon leidet unter einem riesigen Schuldenberg von 92 Milliarden Dollar (mehr als 80 Milliarden Euro). Die Schuldenlast zählt mit etwa 170 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nach Angaben der Ratingagentur Standard and Poor's (S&P) zu den höchsten der Welt.

Vergangenen Monat hatte sich der erst im Januar ins Amt gekommene Diab mit Vertretern des Internationalen Währungsfonds (IWF) getroffen, eine offizielle Bitte um Hilfe gab es aber noch nicht.

"Unsere Devisenreserven haben ein beunruhigendes Niveau erreicht", sagte Diab in seiner Fernsehansprache. Daher könne die am Montag fällige Zahlung nicht geleistet werden. Nötig sei ein "umfassender Plan erforderlicher Reformen", einschließlich der Senkung der öffentlichen Ausgaben.

Die Mehrheit der Abgeordneten und die Bevölkerung fordern eine Umschuldung und wirtschaftliche Reformen. Auch am Samstag gab es wieder im ganzen Libanon Demonstrationen gegen Korruption und Inkompetenz der Verantwortlichen im Land. "Wir sollten nicht den Preis zahlen müssen für die Versäumnisse der Regierung", sagte der 16-jährige Nur, der vor dem Sitz der Zentralbank in Beirut protestierte.

Ein Umschuldungsplan unter dem Dach des IWF sei die beste Lösung, sagte Marwan Barakat von der Bank Audi. Neben den am Montag fälligen 1,2 Milliarden Dollar werden im April und Juni weitere Zahlungen in jeweils dreistelliger Millionenhöhe fällig. Gegen einen Umschuldungsplan unter dem Dach des IWF ist unter anderem die vom Iran unterstützte Hisbollah-Bewegung, gegen die der Westen zahlreiche Sanktionen verhängt hat. (AFP)