Kampagne kritisiert Gewalt gegen Demonstranten im Libanon

Unter dem Stichwort "Unsere Revolution liegt in Ihren Augen" haben Menschen im Libanon mit einer Social-Media-Kampagne die Polizeigewalt gegen Demonstranten am vergangenen Wochenende angeprangert. Fotos zeigen dabei Gesichter, deren eines Auge verdeckt als Zeichen der Solidarität mit Demonstranten, die Gesichtsverletzungen durch Gummigeschosse und Tränengaskanister davontrugen, wie die Tageszeitung "Daily Star" (Montag) berichtete.

Die Sicherheitskräfte und ihre Befehlshaber hätten direkt auf die Augen, Köpfe und Gesichter von Demonstranten gezielt, kritisierte etwa der an der Kampagne teilnehmende libanesische Schriftsteller Lucien Bourjeily.

Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften machten das vergangene Woche zum blutigsten Wochenende seit Beginn der Massenproteste im Libanon im vergangenen Oktober. Laut Zeitung wurden mindestens 90 Menschen verletzt. Menschenrechtsgruppen warfen der Polizei unverhältnismäßige Gewalt vor.

Libanons Präsident Michel Aoun hatte für Montag ein Sicherheitstreffen einberufen, um über Schutzmaßnahmen für friedliche Demonstranten sowie für privates und öffentliches Eigentum zu beraten.

Demonstranten blockierten unterdessen laut Medienberichten erneut Straßen in verschiedenen Regionen des Landes. Zu weiteren Zusammenstößen sei es nicht gekommen.

Unterdessen hat die libanesische Polizei ihren Einsatz von Gummigeschossen gegen Demonstranten verteidigt. "Die Gummigeschosse in unserem Besitz werden in einer Reihe entwickelter Länder eingesetzt, darunter Frankreich. Sie können nach mehreren Warnungen in Richtung der gewalttätigsten und gefährlichen Randalierer abgeschossen werden", teilten die Sicherheitskräfte ISF im Libanon am Dienstag mit.

Das UN-Menschenrechtsbüro erklärte am Dienstag, dass "verlässlichen Quellen zufolge mindestens vier junge Männer aus nächster Nähe mit Gummikugeln beschossen wurden, was zu schweren und unumkehrbaren Schäden an ihren Augen führte". Die libanesischen Behörden müssten diesen mutmaßlichen Gewalteinsatz untersuchen. Berichten zufolge erblindeten durch die Geschosse mindestens zwei Demonstranten.

Mit den Gummigeschossen dürfe nur auf Beine und aus mindestens zehn Metern Entfernung gezielt werden, teilten die Sicherheitskräfte mit. Verletzungen an anderen Körperstellen seien auf die "Bewegung von Randalierern" zurückzuführen, etwa wenn diese sich nach "Steinen oder anderen Werkzeugen" bückten. Diese Fälle würden untersucht. Auf Videos sei zudem zu sehen, wie einige Demonstranten mit Nägeln gefüllte Molotowcocktails nach den Einsatzkräften geworfen hätten.

Der Libanon ist seit dem Rücktritt von Ministerpräsident Saad Hariri am 29. Oktober ohne funktionierende Regierung. Die Demonstrationen gegen die politische Führungsriege und Missstände im Land dauern seit Mitte Oktober an. Medienberichten zufolge hatten Banken verschiedentlich Höchstsummen für den Bezug oder die Überweisung von Dollarbeträgen festgelegt und damit für zusätzliche Verärgerung der Libanesen gesorgt. (KNA/dpa)