Islamprofessor: Kooperationen mit islamischer Welt derzeit schwierig

Nach Ansicht von Mouez Khalfaoui, Professor für Islamisches Recht am Zentrum für Islamische Theologie (ZITh) in Tübingen, sind wissenschaftliche Kooperationen mit der islamischen Welt derzeit «sehr schwierig». Zurzeit «haben wir sehr wenige Partner in der islamischen Welt, weil wir immer auf der Suche nach Wissenschaftlern sind, die unserer Weltanschauung entsprechen», sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. Informationen von Judith Kubitscheck

Für ihn persönlich seien die Maßstäbe für eine Kooperation Wissenschaftlichkeit und das Einhalten der Menschenrechte. In den letzten vier Jahren seien Kooperationen noch problematischer geworden, weil sich in Staaten wie in der Türkei oder Ägypten die Strömungen fast tagtäglich änderten und nicht mehr klar sei, wer mit wem arbeitet und wer hinter einem Projekt steht, sagte Khalfaoui.

Deshalb werde auch niemand in das Tübinger Zentrum eingeladen, der nicht persönlich bekannt sei, oder wo politische Agenden im Raum stehen, betonte er.

In dem Projekt, das Theologinnen des ZITh mit der US-amerikanischen Georgetown Universität in Katar 2019 zum Thema «Weiblichkeit im Islam» gestartet haben, sieht Khalfaoui keinen Widerspruch zu dieser Haltung: «Auch in dieser Region gibt es Aufklärungsprojekte, die nach unseren Kriterien laufen, unabhängig von der politischen Agenda Qatars. Wenn wir sagen, mit diesen Staaten arbeiten wir generell nicht zusammen, dann bleibt die Aufgabe der Wissenschaft auf der Strecke.»

Außerdem widersprach Khalfaoui einem Artikel der «Stuttgarter Nachrichten», der von Kontakten des ZIThs zu den islamistischen Muslimbrüdern berichtet. So sei die Einladung des Rechtsgelehrten Jasser Auda im November 2015 «rein wissenschaftlicher Art» gewesen.

Er sympathisiere nicht mit dem Gelehrten, der ein Mitglied des Europäischen Rat für Fatwa und Forschung (ECFR) ist – eine Organisation, die dem Aktionsgeflecht der islamistischen Muslimbruderschaft zugerechnet werden kann.

Aber Auda sei eine berühmte Persönlichkeit, mit der man sich auseinandersetzen muss. Und die Wissenschaft lebe von Debatten. «Es ist nötig, solche Debatten aus den Hinterhöfen in die Mitte der Gesellschaft zu bringen». Das Gremium ECFR bestimme das Leben vieler Muslimen weltweit und insbesondere in Europa, deshalb sei das ZITh verpflichtet, sich damit zu beschäftigen - ebenso wie mit anderen religiösen Institutionen.

Laut Khalfaoui ist eine islamische Theologie, wie sie am Zentrum für Islamische Theologie in Tübingen gelehrt wird, wichtig für die Integration von Muslimen in Deutschland. «Wir sehen Probleme wie Radikalisierung, oder das fehlende Wissen über die eigene Religion und versuchen, theologische Ansätze zu entwickeln, die in unsere Zeit und den europäischen Kontext passen», so der Wissenschaftler.  (epd)