Radikalisierung und Extremismus entgegenwirken: NRW-Justizminister für mehr gemäßigte Imame in Gefängnissen

Der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) plädiert dafür, in den Gefängnissen in NRW mehr gemäßigte Imame als Seelsorger einzusetzen. Auf diese Weise könne der Islamisierung von Häftlingen gegengesteuert werden, sagte Biesenbach am Donnerstag in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf. Derzeit seien in den 36 Haftanstalten des Bundeslandes 30 bis 35 Imame tätig.

"Noch mehr seelsorgerische Betreuung der Gefangenen hätte natürlich immer einen positiven Effekt - sowohl für die Gesellschaft, in der sie nach ihrer Haft leben, als auch für die Häftlinge selbst", sagte Biesenbach. Wegen der begrenzten Zahl geeigneter Imame führten teils christliche Seelsorger "religiöse Gespräche" mit inhaftierten Muslimen. "Die christlichen Seelsorger werden auch von muslimischen Häftlingen akzeptiert." Gefangenen müsse es möglich sein, ihren spirituellen Bedürfnissen nachzukommen.

Biesenbach bedauerte eine "begrenzte Zahl" an gemäßigten Imamen. Der deutsch-türkische Moscheeverband Ditib habe rund 100 Imame für die Seelsorge in Gefängnissen angeboten. "Die Dienste dieser Geistlichen konnten wir aber nicht annehmen, weil sich die Ditib gegen die unumgängliche Sicherheitsüberprüfung der jeweiligen Personen verwehrt hatte", so der Minister.

Bestmögliche Verhinderung von Radikalisierung sowie Entradikalisierung seien nur mit einer "ganz engen Verzahnung von Forschung, Politik und Institutionen" möglich, betonte der Bielefelder Gewaltforscher Andreas Zick. "Wenn sich Menschen radikalisieren, hat das immer mehrere Dimensionen." In der Ausbildung von Menschen, die in der Prävention arbeiten, brauche es "neue Formen". Anzeichen von einer beginnenden Radikalisierung könnten so zielsicher erkannt werden. Vorurteile im Umgang mit islamistischen Gefangenen seien nicht zielführend, betonte Zick. Falls Deutschland Menschen mit IS-Vergangenheit zurückhole, bedürfe es einer bestmöglichen Ausbildung für diejenigen, die mit ihnen zu tun haben.

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Der Islamwissenschaftler Mustafa Doymus forderte, auf jeden Gefangenen einzeln zu blicken. "Wenn man die individuellen Befindlichkeiten der Muslime und ihrer Kultur kennt, fällt es leichter, der Radikalisierung vorzubeugen."

In NRW sitzen laut Landesjustizministerium 15.573 Menschen in Haft. Doymus zufolge sind darunter 3.500 Muslime. In der Düsseldorfer Justizvollzugsanstalt gaben nach Angaben von Leiterin Beate Peters 209 der knapp 800 Häftlinge freiwillig an, Muslim zu sein. 190 Insassen hätten keine Angaben zu ihrer Religion gemacht. (KNA)