UN-Sicherheitsrat berät über angespannte Lage im Iran

Seit Tagen halten die Proteste im Iran die internationale Gemeinschaft in Atem. Auf Antrag der USA wird sich nun der UN-Sicherheitsrat in einer Sondersitzung mit der Zuspitzung in der Islamischen Republik befassen.

Angesichts der Demonstrationen und Ausschreitungen im Iran hat der UN-Sicherheitsrat für diesen Freitag eine Dringlichkeitssitzung anberaumt. Das Treffen geht auf einen Antrag der USA zurück und soll um 15 Uhr Ortszeit (21 Uhr MEZ) stattfinden. Das teilte die Präsidentschaft des Gremiums mit, die derzeit Kasachstan innehat. Die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley erklärte, sowohl im Sicherheitsrat als auch im UN-Menschenrechtsrat in Genf müssten die Festnahmen und Toten im Zusammenhang mit den Protesten im Iran thematisiert werden.

Russland kritisierte den amerikanischen Vorstoß. Vize-Außenminister Sergej Rjabkow sprach von einem "schädlichen und destruktiven" Vorschlag und betonte: "Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen spielt unserer Meinung nach bei diesem Thema keine Rolle." Irans innere Angelegenheiten und das UN-Gremium hätten nichts miteinander zu tun.

US-Präsident Donald Trump hatte seit Beginn der Proteste mehrfach die iranische Staatsführung kritisiert und diese unter anderem als "brutal und korrupt" bezeichnet. Das Außenministerium in Washington stellte sich am Donnerstag noch einmal demonstrativ hinter die Demonstranten. "Wir verurteilen auf das Schärfste die Todesfälle und die Gewalt gegen Demonstranten", sagte Ministeriumssprecherin Heather Nauert. "Den Opfern des Regimes rufen wir zu: 'Ihr werdet nicht vergessen.'"

Bei den regierungskritischen Protesten in etlichen iranischen Städten wurden seit dem 28. Dezember 21 Menschen getötet, unter ihnen mehrere Mitglieder der Sicherheitskräfte. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International teilte mit, es seien mehr als 1000 Iraner ins Gefängnis gebracht worden. Viele Festgenommene dürften weder Angehörige noch Anwälte kontaktieren.

Die Proteste richten sich gegen wirtschaftliche Missstände wie die hohe Arbeitslosigkeit und die hohen Lebenshaltungskosten, aber auch gegen die Außenpolitik der Regierung in Teheran sonwie das klerikale Herrschaftssystem. Kritiker werfen Staatspräsident Hassan Rohani seit langem vor, bei seiner Sparpolitik keine Rücksicht auf die Schwächsten zu nehmen und das Thema der sozialen Gerechtigkeit zu vernachlässigen. Zwar sind seit der Aufhebung der internationalen Sanktionen infolge des internationalen Atomabkommens mit Teheran von 2015 die Ölexporte deutlich gestiegen, doch kommen die Einnahmen daraus beim Volk kaum an.

Derweil forderte die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi die USA und die internationale Gemeinschaft auf, zur Unterstützung der Demonstranten politische Sanktionen gegen die Islamische Republik zu verhängen. Wirtschaftssanktionen und Visums-Einschränkungen, wie sie unter Präsident Barack Obama eingeführt wurden, erteilte sie dagegen in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters eine Absage. Diese würden nur der Bevölkerung das Leben schwerer machen, nicht aber der Regierung. "Sie sollten Waffenverkäufe verbieten oder alles, was zur Unterdrückung der Menschen genutzt werden kann." Auch sollten Beschränkungen für Irans Dutzende Radio- und TV-Sender erlassen werden, da diese in verschiedenen Sprachen "Hass und Lügen" verbreiteten und zur "unrechtmäßigen" Außenpolitik des Iran beitrügen.

Der iranische Armeechef Abdolrahim Musawi hatte zuletzt erklärt, dass die Polizei die Proteste im Griff habe. Seine Soldaten seien aber wenn nötig bereit zu intervenieren. Beschränkungen für den Online-Dienst Instagram wurden nach einem Bericht der halbamtlichen Nachrichtenagentur Ilna aufgehoben. Viele Demonstranten hatten sich über das soziale Netzwerk organisiert, weshalb der Zugang vorübergehend eingeschränkt worden war. Die studentische Agentur Isna zitierte Innenminister Abdolresa Rahmani Fasil mit den Worten, dass maximal 42.000 Menschen an den tagelangen Protesten teilgenommen hätten, was bei einer Bevölkerungszahl von 80 Millionen nicht viel sei.

Die US-Regierung verhängte unterdessen Strafmaßnahmen gegen fünf iranische Firmen, denen sie vorwirft, am umstrittenen Raketenprogramm des Landes beteiligt zu sein. Finanzminister Steven Mnuchin erklärte in Washington, bei den fünf Unternehmen handele es sich um Tochtergesellschaften der Shahid Bakeri Industrial Group (SBIG). Das Raketenprogramm sei "dem iranischen Regime wichtiger als das wirtschaftliche Wohlergehen" der Bevölkerung. Die Sanktionen sehen vor, dass Vermögenswerte der Unternehmen in den USA blockiert werden. Außerdem dürfen US-Bürger keine Geschäfte mit ihnen machen. Ausländische Einrichtungen, die das tun, können vom US-Finanzsystem ausgeschlossen werden.

Der Iran appellierte inzwischen an die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom, die Berichterstattung einiger persisch-sprachiger Fernsehsender in London über die Proteste im Iran zu stoppen. Diese Sender würden Menschen im Iran "zum bewaffneten Aufstand" anstiften, heißt es nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna in einem Schreiben der iranischen Botschaft. Dies sei gegen britische und internationale Vorschriften. Ofcom sollte diese "ungesunde Berichterstattung" stoppen und professionellen Journalismus respektieren. Die Botschaft nannte demnach zwar keine Namen. Beobachter gehen aber davon aus, dass hauptsächlich die beiden Satellitensender BBC Persian und Man-o-to (Ich und Du) gemeint sind. Beide berichten intensiv über die Proteste, im Gegensatz zu den Medien im Iran. (AFP/Reuters/dpa)