Jakartas Gouverneur Ahok zu zwei Jahren Haft wegen Blasphemie verurteilt

Der scheidende christliche Gouverneur von Jakarta, Basuki Tjahaja "Ahok" Purnama, ist wegen Blasphemie zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Damit ging das Gericht am Dienstag über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß von zwei Jahren auf Bewährung hinaus. Ahok habe mit Absicht die ihm zur Last gelegten gotteslästerlichen Äußerungen getätigt, hieß es laut Berichten indonesischer Medien in der Urteilsbegründung. Die Anwälte Ahoks kündigten Berufung an. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) sprach von einem "skandalösen Urteil".

Vor dem Gerichtssaal hatten laut Medienberichten Tausende Anhänger und Gegner Ahoks das Urteil mit Spannung erwartet. Die Anhänger Ahoks reagierten mit Entsetzen auf den Schuldspruch und das hohe Strafmaß. Seine Gegner aus radikalen islamistischen Gruppen jubelten.

Der Blasphemieprozess war nach Ansicht politischen Beobachter in Indonesien der wesentliche Faktor für Ahoks Niederlage bei der Gouverneurswahl Mitte April. Mit 42 Prozent der Stimmen musste sich der Christ seinem muslimischen Herausforderer Anies Baswedan geschlagen geben, für den 58 Prozent der Wähler stimmten. Indonesische und internationale Menschenrechtsorganisationen bezeichneten den Blasphemieprozess als "Politjustiz".

Ahok hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung im Herbst Rizieq Shihab, den Chef der salafistischen Islamischen Verteidigungsfront (FPI), dafür kritisiert, Muslime mit einem Koran-Vers an der Wahl eines Christen hindern zu wollen. Daraufhin erstattete Shihab Anzeige gegen Ahok wegen Blasphemie. Gegen Shihab läuft inzwischen allerdings nach einer Anzeige durch Angelo Wako, Präsident des katholischen Studentenverbands Indonesien, ebenfalls ein polizeiliches Ermittlungsverfahren wegen Blasphemie.

Indonesien war lange Jahre ein Land mit einem ausgeprägt moderaten Islam. Beobachter bewerten die aktuelle Entwicklung als Zeichen für eine Radikalisierung im bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt. Die Gesellschaft für bedrohte Völker nannte die Verurteilung Ahoks einen "neuen traurigen Höhepunkt der religiösen Intoleranz" in Indonesien.

Für religiöse Minderheiten in dem Inselstaat sei "dieses skandalöse Urteil eine deutliche Warnung, dass Religionsfreiheit und demokratische Bürgerrechte für sie nicht mehr gelten", so der GfbV-Asienexperte Ulrich Delius in Göttingen. "War der Ahok-Prozess anfangs ein dramatischer Fall gezielter Instrumentalisierung von Religion in der Politik, so wird das Urteil jetzt Schockwellen in die ganze Region entsenden", sagte Delius. In Indonesien drohe eine Islamisierung von Politik und Gesellschaft, die ganz Südostasien destabilisieren könnte. (KNA)