Wie die Fashion-Branche Muslimas als Kundinnen entdeckt

Dolce & Gabbana bringt Luxus-Kopftücher für Muslimas auf den Markt. Das Thema schlägt hohe Wellen - haben Modelabels einen neuen Markt gefunden? Noch zeigen sich Fashion-Häuser zögerlich. Von Gioia Forster

Die Kollektion sorgte für viel Wirbel. Ein langbeiniges Model präsentierte im Januar in einer neuen Dolce & Gabbana-Werbung nicht knappe, schwarze Spitzenkleider oder bauchfreie Blumentops - sondern Kopftücher und bodenlange Abajas, muslimische Gewänder.

Als eins der ersten großen westlichen Modefirmen brachte das italienische Luxuslabel eine Kollektion für Muslimas auf den Markt. Dolce & Gabbana erntete damit Lob und Kritik zugleich. Und machte die Muslima als Fashion-Konsumentin zum Thema. Doch lohnt sich für Modefirmen der Einstieg in den muslimischen Markt?

Das Potenzial scheint da zu sein. Einer Studie von Thomson Reuter und Dinar Standard zufolge gaben Muslime weltweit im vergangenen Jahr 243 Milliarden US-Dollar für Kleidung aus - elf Prozent der globalen Modeausgaben. Glaubt man den Zahlen, steigen die Ausgaben von Muslimen für Mode bis zum Jahr 2021 auf 368 Milliarden US-Dollar.

Es liegt also auf der Hand, warum das Fortune Magazin muslimische Frauen «den nächsten großen unerschlossenen Modemarkt» nennt. Bislang haben sich aber nur wenige westliche Modefirmen auf dem Markt versucht. DKNY, Burberry und Tommy Hilfiger brachten Kollektionen zu Ramadan raus, dem islamischen Fastenmonat. Mango präsentierte als erste günstigere Modemarke eine Kollektion, ebenfalls zum Fastenmonat. Und der japanische Mode-Riese Uniqlo arbeitete mit der muslimischen Designerin Hana Tajima zusammen, um eine Kollektion an Kopftüchern und Kleidungsstücken zu produzieren.

Allerdings war die Reichweite dieser Linien bislang gering. Die meisten waren nur im Nahen Osten verfügbar. Dolce & Gabbanas Kopftücher und Abajas können dem Unternehmen zufolge nur in den Vereinten Arabischen Emiraten sowie in einigen ausgewählten Boutiquen etwa in Paris und Mailand gekauft werden. Mit ihren Kollektionen sprechen die Luxuslabels zudem nur einen Bruchteil der muslimischen Konsumentinnen an - die, die sich eine Abaja für mehrere Tausend US-Dollar leisten können.

Wie gut sich die Kollektion von Dolce & Gabbana bislang verkaufte, gibt das Unternehmen nicht preis - es präsentierte aber wenige Monate später eine zweite Linie für muslimische Kundinnen, zum Ramadan. Im Westen zeigten sich allerdings viele Muslimas skeptisch. Kritisiert wurde etwa, dass die Designer ihre Bedürfnisse nicht wirklich verstünden: Die meisten gläubigen Muslimas würden weder ein langes Kleid mit Schlitz noch rückenfreie oder ärmellose Oberteile tragen.

Aus Sicht von Zeynep Mutlu sind Kollektionen eigens für Muslimas in Deutschland nicht wirklich nötig. Mutlu betreibt zusammen mit Makbule Balin den Blog «Makzey», in dem sie über Mode, Reisen und Essen schreibt. Nicht alle Muslimas hierzulande würden sich bedeckt anziehen. Zudem entspreche der derzeitige Modestil ohnehin oft ihren Wünschen, und was nicht passt, werde ergänzt.

Der Verband Textil und Mode sieht es ähnlich. Sprecher Hartmut Spiesecke vermutet, «dass der Markt dafür hier in Deutschland nicht sehr groß ist, weil die meisten Muslime keine religionsspezifische Kleidung tragen.» Zudem sieht Mutlu es als äußert problematisch, würden etwa Firmen wie Zara oder H&M eigene Modelinien rausbringen - «weil es Muslimas von anderen Konsumentinnen trennt.» Firmen könnten ihrer Ansicht nach muslimische Kundinnen viel eher mit Kleinigkeiten gewinnen: Etwa mit den richtigen Schnitten, blickdichten Stoffen oder Schals, die als Kopftuch getragen werden können.

Worauf es Mutlu zufolge viel eher ankommt: Werbung. «Es wäre besser, wenn Muslimas mehr durch Werbung angesprochen werden», sagt die Modebloggerin. Damit könnte auch eine Wertschätzung für die Kundinnen gezeigt werden. Eine Muslima, die mit Kopftuch und Oversize-Mantel in einer H&M-Werbung auftauchte, schlug im vergangenen Jahr hohe Wellen.

«Ich fand die Werbung toll», sagt Mutlu. Und: «Wenn man immer wieder Muslimas in der Werbung sehen würde, wäre es irgendwann selbstverständlich, dass wir zur Gesellschaft dazugehören, ohne großartig anders zu wirken.» (dpa)

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