«Mini Taj Mahal» - Älteste Moschee Deutschlands wird saniert

Mitten in Berlin steht Deutschlands älteste Moschee. Das Gotteshaus hat eine bewegte Geschichte. Der neue Imam will daran nun anknüpfen. Von Esteban Engel

Über die Villendächer in Berlin-Wilmersdorf ragen zwei Minarette. An die maximale Berliner Traufhöhe von 22 Metern halten sich die Türme nicht. Sie gehören zur Lahore-Ahmaddiya-Moschee, die seit fast 90 Jahren in diesem ruhigen Winkel der Stadt zuhause ist.

Noch heute versammeln sich in Deutschlands ältestem islamischen Gotteshaus Gläubige zum Freitagsgebet. Aber die Tage, als die Moschee ein kulturelles und religiöses Zentrum war, sind vorbei. Das soll sich in den kommenden Jahren ändern.

Für 1,5 Millionen Euro wird die Moschee in der Briener Straße nun bis 2020 saniert und als Zentrum eines «rationalen Islam» wieder eine stärkere Rolle in der Stadt spielen, wie Amir Amiz sagt. Der Imam aus Pakistan ist seit Jahresanfang in Berlin, angereist als Missionar aus Lahore, wo die Bewegung ihren Hauptsitz hat.

Nach der Beschädigung im Zweiten Weltkrieg war die Moschee notdürftig repariert worden. Feuchtigkeit und Korrosion haben dem Gebäude zugesetzt, unter der synthetischen Farbe hat sich Wasser gesammelt, an vielen Stellen ist das Gemäuer morsch. Die Verzierungen an Fassade und Dach wurden notgesichert. «Wir gehen sehr behutsam vor», sagt die Architektin Katja Weise vom Büro D:4, das auf Sakralbauten spezialisiert ist und das Gebäude saniert.

Von 1924 bis 1928 hatte der Berliner Architekt Karl Alfred Herrmann die Moschee im sogenannten Mogulstil errichtet. Er lehnte sich an orientalische Vorbilder an. Imam Amiz beschreibt die Moschee sogar als «Mini Taj Mahal». Bei dem Vergleich mit der Pilgerstädte in Indien ist wohl viel Fantasie im Spiel.

Gesammelt werden soll das Geld für die Sanierung vor allem bei den Mitgliedern der Bewegung - «in Holland, Australien, Großbritannien, Afrika, sogar auf den Fidji-Inseln», sagt Amiz. Die Ahmadiyya-Bewegung beruft sich auf den Gelehrten Mirza Ghulam Ahmad (1835-1908), der sich als Reformer des Islam verstand, den Koran genau auslegen wollte und den Jihad nur als «defensiven Krieg» definierte, wie Amiz betont. 1928 spaltete sich die Bewegung.

Im Gegensatz zur Ahmadiyya Muslim-Gemeinschaft lehnen die Lahore-Leute die Errichtung eines Kalifats ab. Die Berliner Moschee, sagt Amiz, stehe Muslimen aller Richtungen offen. Eine Trennung zwischen Mann und Frau gibt es im Gotteshaus nicht.

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts reisten Ahmadiyya-Geistliche nach Westeuropa. Auch in Berlin ließen sich Missionare nieder. Im bunten Gemisch der Weimarer Republik wurde auch der Islam zur modischen Weltanschauung. Junge Leute, die nach dem Ersten Weltkrieg vom Christentum enttäuscht waren, aber auch Juden, suchten im Islam einen neuen geistigen Mittelpunkt.

Die «Muslimische Revue» der Gemeinde handelte die großen Themen der Zeit ab. Vorsitzender wurde 1930 Hugo Marcus, ein zum Islam konvertierter Jude. Wie der Historiker Marc David Baer in einer Studie über die Konvertiten recherchierte, sah Marcus, Homosexueller und Freund des Sexualwissenschaftlers Magnus Hirschfeld, den Islam als Ergänzung zum Judentum.

Nach der NS-Machtergreifung änderte sich der Ton in der Gemeinde, wie Baer schreibt. Zum Islam konvertierte NSDAP-Mitglieder gewannen die Oberhand und sprachen von den geistigen Beziehungen zwischen NS-Ideologie und Islam. 1938 wurde Marcus verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Auf Intervention des indischen Scheichs Mohammed Abdullah, der später Regierungschef von Kaschmir wurde, ließen die Nationalsozialisten Marcus frei. Er rettete sich in die Schweiz. (dpa)

Bildergalerie: Berliner Moscheen