Ägyptischer Großmufti warnt vor "Kampf der Kulturen"

Ägyptens oberster islamischer Rechtsgelehrter, Großmufti Shawki Allam, warnt vor einem "Kampf der Kulturen" und fordert die Weltreligionen zu mehr Dialog auf. "So pessimistisch die Lage auch aussehen mag: wir dürfen nicht eine Entwicklung für unvermeidlich halten, die im sprichwörtlichen Kampf der Kulturen endet", sagte Allam laut Redemanuskript am Donnerstagabend in Bonn. Die Welt brauche dringend Foren für einen Dialog, "der respektvoll bleibt und nicht versucht, Feindseligkeiten zu entflammen oder den anderen zu dominieren".

Es sei wichtig, sich auf die gemeinsame Basis von Islam, Judentum und Christentum zu besinnen, so der Großmufti; denn es gebe "keinen wesentlichen Unterschied zwischen den drei abrahamitischen Religionen". Dialog dürfe jedoch nicht nur von einer kleinen Elite von Fachleuten in akademischen und intellektuellen Kreisen geführt werden. "Dialog darf nicht hinter den Mauern von Konferenzräumen verbleiben", sagte Allam, der Professor für islamisches Recht ist und als einer der einflussreichsten Muslime weltweit gilt.

Der seit 2013 amtierende Großmufti steht dem ägyptischen Fatwa-Amt (Dar al-Ifta) vor, dem höchstem Organ des Landes für islamische Rechtserlasse. "Dort ringen wir ständig mit der Frage der kritischen Auseinandersetzung des Islam mit der Moderne", sagte er. Dies sei "ziemlich ähnlich" zu dem Prozess, dem sich die römisch-katholische Kirche unterzogen habe und in dem sie sich noch immer befinde.

"Wir erteilen Tausende von Fatwas und Erlassen, die die Rechte von Frauen auf Würde, Bildung und Arbeit bekräftigen und religiös motivierte Gewalt und Terror verurteilen", sagte der ägyptische Geistliche.

Allam sprach in der Bonner Universität auf Einladung des Center for International Security and Governance (CISG). Das Thema der Veranstaltung lautete "Im Namen des Islam? Religion als Mittel zum Zweck." (KNA)