Erstmals leitet Richterin mit Kopftuch in der Türkei Verhandlung

Erstmals in der Geschichte der türkischen Republik hat eine Richterin mit islamischem Kopftuch den Vorsitz in einem Gerichtsverfahren geführt. Die Richterin habe am Dienstag im Justizpalast von Istanbul eine zivilrechtliche Anhörung geleitet, berichtete die regierungsfreundliche Zeitung "Sabah" am Mittwoch. Die Türkei ist offiziell ein laizistischer Staat.

Der Hohe Rat der Richter und Staatsanwälte in der Türkei hatte kurz vor der Parlamentswahl vom 7. Juni das Kopftuchverbot für Richterinnen aufgehoben. Die islamische-konservative Regierung hatte zuvor bereits das Tragen des islamischen Kopftuchs in Universitäten und im Parlament erlaubt, später im öffentlichen Dienst und in Schulen. Verboten ist das Tragen des Kopftuchs nach wie vor in der Armee und bei den türkischen Sicherheitskräften.

Die Zeitung "Sabah" veröffentlichte nun ein Foto der Richterin mit einem dunklen Kopftuch, das mit einem Handy gemacht wurde. In den sozialen Netzwerken löste dies eine heftige Kontroverse aus, wobei manche die Entwicklung als "das Inkrafttreten des islamischen Rechts" kritisierten. Dem islamisch-konservativen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan werden regelmäßig autoritäre und islamische Auswüchse vorgeworfen. Seine Partei AKP hatte bei der vorgezogenen Parlamentswahl am vergangenen Sonntag die absolute Mehrheit zurückgewonnen. (AFP)