Krisendiplomatie auf Hochtouren: Syrien- und Nahostgespräche in Wien

Der diplomatische Krisentross reist von Berlin nach Wien weiter. Neben dem Konflikt in Israel steht dort nun auch der Bürgerkrieg in Syrien im Vordergrund. Ein Streitpunkt dürfte erneut die Person Assad sein.

Wien wird an diesem Freitag zum Schauplatz internationaler Krisendiplomatie: US-Außenminister John Kerry will in der österreichischen Hauptstadt mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow über Auswege aus dem Bürgerkrieg in Syrien beraten. An dem Treffen nehmen auch die Ressortchefs aus der Türkei und Saudi-Arabien teil. Im Anschluss ist dort zudem ein Treffen des Nahost-Quartetts geplant. Die Gruppe aus UN, EU, USA und Russland ist über die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern besorgt.

Eine von den USA geführte Koalition fliegt seit 2014 in Syrien Luftangriffe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Seit Ende September beschießen auch russische Kampfflugzeuge Ziele in dem Bürgerkriegsland - außerhalb der internationalen Koalition und wie Kritiker bemängeln nicht ausschließlich gegen den IS gerichtet.

Die meisten russischen Bombardements richten sich nach Darstellung syrischer Aktivisten und der USA gegen verschiedene Rebellen, die mit dem IS verfeindet sind. Moskau unterstützt damit eine Bodenoffensive des Regimes von Präsident Baschar al-Assad. Dieser wiederum ist aus US-Sicht ein zentrales Hindernis bei den Bemühungen um einen politischen Prozess für das Bürgerkriegsland. Russlands Präsident Wladimir Putin rief vor dem Außenministertreffen in Wien zum gemeinsamen Kampf «gegen den Terror» in Syrien auf.

«Syrien kann zum Modellfall für die Lösung von Problemen werden, die alle berühren», sagte er am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge bei einem Diskussionsforum in der Schwarzmeerstadt Sotschi. Ost und West stünden kurz davor, Daten über Stellungen von Islamisten in Syrien auszutauschen.

Putin stellte sich zugleich hinter seinen Verbündeten. Bei einer Niederlage Assads könnten die Terroristen in der Hauptstadt Damaskus einen «Brückenkopf für eine globale Ausweitung» errichten – dies müsse verhindert werden, sagte er. Russland wolle mit seinen Luftangriffen vor allem den Weg für eine politische Lösung freimachen. «Der militärische Sieg beseitigt nicht alle Probleme, aber er kann Bedingungen schaffen für einen politischen Prozess unter Teilnahme aller gesunden, patriotischen Kräfte in der syrischen Gesellschaft.» Assad war am Mittwoch überraschend zu Beratungen in Moskau.

Kerry sagte vor dem Gespräch mit Lawrow, es gelte «einige spezifische Themen» zu besprechen, ehe auch andere Länder zu weiteren Beratungen hinzugezogen würden. Dazu gehöre Deutschland als Schlüsselakteur. Er betonte bei einem Besuch in Berlin, es herrsche große Übereinstimmung, dass es keine militärische Lösung geben könne. Syrien dürfe nicht aufgespalten werden. Der Kampf gegen den IS müsse verstärkt werden.

Nach dem mit Spannung erwarteten Treffen nehmen sich die Diplomaten in Wien eines weiteren Krisenherdes an. Seit Monatsbeginn sind bei Anschlägen und Auseinandersetzungen mehr als 50 Palästinenser und neun Israelis getötet worden.

Kerry sprach nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Donnerstag in Berlin von «vorsichtigem Optimismus» im Bemühen um eine Entschärfung der Lage. Netanjahu wirft Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor, Israel zu unterstellen, es wolle den Status quo auf dem Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) in Jerusalem ändern. Die Stätte ist Juden wie Muslimen heilig. Ein Streit um Besuchs- und Gebetsrechte auf dem Tempelberg, wo muslimische Heiligtümer - der Felsendom und die Al-Aksa-Moschee - stehen, gilt mit als Auslöser der jüngsten Welle der Gewalt. (dpa)