Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide: Muslime keine Gefahr für Wertesystem

Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide ruft zur Gelassenheit angesichts der Einwanderung von Muslimen auf. «Nur weil diese Menschen aus dem arabischen Raum kommen, heißt es nicht, dass sie per se ein konservatives Islamverständnis haben», sagte der Professor für Islamische Theologie in Münster dem Internetportal «evangelisch.de».

Es gebe dazu sehr viele Spekulationen, aber keine stichhaltigen Erhebungen. Was das Islamverständnis der in Deutschland Zuflucht suchenden Menschen betrifft, wisse man noch gar nicht, wie sie wirklich über den Islam denken und wie sie den Islam leben.

Es könne durchaus sein, dass gerade die schlechten Erfahrungen mit der Terrororganisation «Islamischer Staat» bei den muslimischen Einwanderern den Wunsch nach einer anderen Auslegung des Islams entstehen ließen, fügte Khorchide hinzu. Es könne auch sein, dass viele der Flüchtlinge säkular sind und sich gar nicht als religiös definieren. «Wir sollten nicht pauschalisieren und uns von populistischen Politikern und Panikmachern nicht irritieren lassen», sagte der Autor. In seinem neuen Buch «Gott glaubt an den Menschen. Mit dem Islam zu einem neuen Humanismus» wirbt er für ein modernes Koranverständnis.

Es komme darauf an, die Zuwanderer möglichst rasch in die Gesellschaft einzugliedern, sagte Khorchide. Dazu gehöre auch, über Werte zu sprechen. «Reden alleine reicht aber längst nicht. Die von uns hochgeschätzten Werte müssen auch von uns vorbildlich gelebt werden, wir müssen auch Räume schaffen, in denen Flüchtlinge diese Werte, die unsere plurale Gesellschaft zusammenhalten, erfahren», betonte der Soziologe. Wer zum Beispiel die Menschenwürde als nicht verhandelbaren Wert hochhalte, dürfe Flüchtlinge nicht menschenunwürdig behandeln. (epd)

Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide im Qantara-Interview