US-Präsident Obama: Westen ist nicht im Krieg mit dem Islam

Radikalisierte junge Menschen im eigenen Land bereiten vielen westlichen Regierungen Sorgen. US-Präsident Obama warnt angesichts der Suche nach Lösungen vor einer Gleichsetzung von Islam und Extremismus.

US-Präsident Barack Obama hat den Westen davor gewarnt, den Terrorismus pauschal mit dem Islam gleichzusetzen. Gruppen wie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) oder das Netzwerk Al-Qaida missbrauchten die Religion lediglich für ihre Zwecke, sagte Obama am Donnerstag in Washington. Er sprach im Außenministerium bei einer Anti-Extremismus-Konferenz vor Delegationen aus mehr als 60 Ländern. Auch Deutschland beteiligte sich an dem Treffen.

Mit Blick auf jüngste Anschläge in Paris und Kopenhagen ging es bei der Konferenz um Vorbeugungsmaßnahmen: Wie kann durch Zusammenarbeit der Behörden mit muslimischen Gemeinden verhindert werden, dass junge Muslime etwa in den Kampf nach Syrien ziehen - oder zu Hause Anschläge verüben. Der «Teufelskreis der Radikalisierung» müsse durchbrochen werden, meinten mehrere Sprecher bei dem Treffen.

Obama stellte klar, dass die USA und ihre Verbündeten keinen Krieg gegen Muslime führten. Eine solche Darstellung sei «eine hässliche Lüge» der Terroristen. «Wir alle haben die Verantwortung, sie zurückzuweisen, unabhängig von unserer Religion.»

Bereits am Vortag hatte er im Weißen Haus gesagt: «Wir sind im Krieg mit Menschen, die den Islam pervertiert haben. Keine Religion ist verantwortlich für Terrorismus. Menschen sind verantwortlich für Gewalt und Terrorismus.»

Obama forderte muslimische Führer auf, ihren Gemeinden klarzumachen, dass der Westen nicht versuche, den Islam zu unterdrücken. Der Kampf gegen den Extremismus müsse bei den politisch, gesellschaftlich und religiös Verantwortlichen beginnen. «Jungen Leuten wird beigebracht zu hassen. Es ist ihnen nicht angeboren. Wir Erwachsenen bringen es ihnen bei.»

Zugleich betonte er, dass Religionsfreiheit ein wesentlicher Pfeiler im Kampf gegen den Terrorismus sei. «Wenn die Menschen frei sind, ihre Religion auszuüben wie sie wollen, hilft das, vielfältige Gesellschaften zusammenzuhalten», sagte Obama am Donnerstag.

Nur mit Militäreinsätzen ist der Terrorismus aus Sicht des US-Präsidenten nicht zu besiegen. Entscheidend sei, denjenigen Hintermännern das Handwerk zu legen, die etwa in den USA und Europa junge Menschen radikalisierten, aufhetzten und für den Terrorismus rekrutierten.

Republikaner kritisierten den US-Präsidenten dafür, zu sehr auf muslimische Verbände einzugehen, während diese es leid seien, seit Jahren im Visier der Ermittlungsbehörden zu stehen, berichtete «Politico».

Den Rekrutierungsaktivitäten der Terrorgruppen in westlichen Ländern muss nach Ansicht einer deutschen Regierungsvertreterin auf lokaler Ebene entgegengewirkt werden. Deutschland habe mit seinen Projekten «einiges vorzuweisen», wenn auch noch viel mehr getan werden müsse, sagte die Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Emily Haber, in Washington. In der Bundesrepublik gebe es etwa viel Erfahrung mit der Prävention, eine gezielte Arbeit im Strafvollzug und Anlaufstellen für Familienmitglieder oder Freunde potenzieller Extremisten.

Das Problem sei, dass es kein klares Profil des einen Terroristen gebe, sagte Obama. «Es ist nicht möglich vorherzusagen, wer radikalisiert wird.» Gegen Extremismus anzugehen, sei eine Herausforderung für eine ganze Generation.

Einige muslimische Führer und Experten auf der Konferenz bezweifelten, dass es der US-Regierung gelingen werde, gegen die PR-Maschinerie der Extremisten vorzugehen, schrieb die «New York Times». (dpa)