Durchblick auf die Propaganda

Wo sind die Grenzen zwischen authentischen Bildern, tendenziöser Berichterstattung und Propaganda? Hierüber diskutierten auf dem Global Media Forum der Deutschen Welle Journalisten aus dem Nahen Osten. Arian Fariborz hat die Konferenz besucht.

Was hat mehr Gewicht – PR-Maschinerie oder objektiver Journalismus? Wo sind die Grenzen zwischen authentischen Bildern, tendenziöser Berichterstattung und Propaganda? Hierüber diskutierten auf dem Global Media Forum der Deutschen Welle Medienexperten und Journalisten aus dem Nahen Osten. Von Arian Fariborz

Plakat Global Media Forum; &copy DW
In Konflikten bleibt häufig die Suche nach ausgewogener, objektiver Recherche und Nachrichtenpräsentation auf der Strecke.

​​Die Wahrheit ist meist das erste Opfer des Krieges. Auch wenn sich diese Erkenntnis bei vielen Medienmachern und Journalisten durchgesetzt haben mag, so hat sich an dieser Realität vor allem in der Konfliktregion des Nahen Ostens wenig geändert.

Nach wie vor geraten zahllose Journalisten im israelisch-palästinensischen Konflikt aus politischen Gründen mit ihrer Berichterstattung zwischen die Fronten – weil diese zum Beispiel nicht der Ausrichtung oder dem Profil des Mediums entsprechen oder aber, weil sie schlichtweg nicht in der Lage sind, umfangreiche Recherchen vorzunehmen, um eine objektive Berichterstattung zu gewährleisten.

Hürdenreiche Recherche in Konfliktgebieten

Dieses Dilemma, vor dem Journalisten in Krisengebieten bis heute stehen, beschäftigte auf dem Global Media Forum der Deutschen Welle zahlreiche Medienexperten und Korrespondenten aus der arabischen Welt.

Podiumsdiskussion Global Media Forum; Foto: DW
Jacky Sutton, UNDP-Medienmanagerin für den Irak, Salameh B. Nematt von Al-Hayat und Muamar Orabi von Watan-TV diskutierten über die Rolle der Medien in der arabischen Welt.

​​Muammar Orabi, Generaldirektor des palästinensischen Senders Watan-TV, verdeutlichte die praktischen Gründe für die Schwierigkeiten einer objektiven Berichterstattung seines Senders in den palästinensischen Autonomiegebieten und Israel:

"Es gibt eine Menge Hürden, wie z.B. die Kontrollpunkte", berichtet Orabi. Seine Arbeitskollegen könnten sich nicht frei bewegen. Nach Jerusalem, Nablus oder Gaza zu kommen, sei für die Journalisten von Watan-TV kaum machbar.

Auf israelischer Seite steht man vor ganz ähnlichen Problemen. David Witzthum, Moderator und Chefredakteur des israelischen Fernsehens TV Channel 1, erläuterte das Dilemma aus der israelischen Perspektive. Für israelische Journalisten sei es schwierig, in die West Bank oder nach Gaza zu kommen.

David Witzthum, Moderator und Chefredakteur im Ersten Israelischen Fernsehen und Dozent an der Universität Tel Aviv und der Hebräischen Universität Jerusalem; Foto: DW/Per Henriksen
David Witzthum: "Es ist sehr schwierig, in die West Bank oder nach Gaza zu kommen – fast unmöglich!"

​​Daher verlasse man sich oft auf Leute vor Ort, das heißt auf palästinensische Kamera-Teams, die überwiegend für internationale Presseagenturen tätig sind. "Manchmal bekommen wir aber auch eine Genehmigung von den Palästinensern oder den Militärbehörden, um dorthin reisen zu können und von dort zu berichten", so Witzthum.

Selektive Wahrnehmung der Medien

Abgesehen von den schwierigen Arbeitsbedingungen, stellt auch mitunter die Intention und Art der News-Präsentation bei Sendern wie Al-Jazeera ein weiteres Problem dar. Salameh B. Nematt, ehemaliger Büroleiter von Al-Hayat in Washington, kritisierte denn auch die selektive Wahrnehmung mancher arabischer Medien.

"Bei uns gibt es einen Konfliktbogen, der sich von Afghanistan, Irak bis Israel, Palästina, Libanon und Syrien erstreckt", berichtet Nematt. "Und diese Konflikte beinhalten eine Menge Lügen – eine davon ist, wenn man einen Angriff, der vorsätzlich gegen Zivilisten gerichtet ist, als "Widerstand" bezeichnet.

Jacky Sutton, Medienmanagerin des UNDP für den Irak; Foto DW/Per Henriksen
Medien weltweit sind nie ganz neutral - Jacky Sutton, Medienmanagerin des UNDP für den Irak.

​​Doch kann Berichterstattung aus Konfliktregionen nie gänzlich objektiv und neutral sein. Das machte die Medienprojekt-Managerin des UNDP für den Irak, Jacky Sutton, in ihren Ausführungen deutlich.

Daher versteht Sutton ihre Aufgabe als Projektmanagerin für die Medien im Irak darin, nicht zu urteilen, sondern professionelle, verantwortungsvolle Einstellungen bei Journalisten zu fördern.

Trotz der massiven Probleme, frei und ungehindert arbeiten zu können, gebe es auch hoffnungsvolle Signale, so Sutton: Die irakische Medienlandschaft weise einen beachtlichen Pluralismus auf. Daher könnten irakische Zuschauer sich selbst ein Bild machen und entscheiden, was für sie Propaganda und was für sie wahr ist.

Arian Fariborz

© Qantara.de 2008

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