Kein Kompromiss in Sicht

Im Streit um Irans Atomprogramm gibt es nichts Neues. Auch nach einem Treffen zwischen dem iranischen Chef-Unterhändler Ali Laridschani mit EU-Außenpolitiker Javier Solana in Brüssel kam kein Kompromiss zustande. Peter Philipp kommentiert.

Laridschani und Solana, Foto AP
Es stehe noch ein langer Weg bevor, meint der iranische Chefunterhändler Laridschani

​​Nur zu gerne hätten die Europäer bei den Beratungen der permanenten Sicherheitsratsmitglieder und Deutschlands über den iranischen Atomstreit in Paris eine Zustimmung Teherans zu den westlichen Kompromiss-Vorschlägen präsentiert oder doch zumindest signalisiert.

Aber in EU-Kreisen ist man enttäuscht, dass das Treffen zwischen dem Außenbeauftragten, Javier Solana, und dem iranischen Chef-Unterhändler, Ali Laridschani, keine Fortschritte gebracht hat.
Laridschani meinte nur vieldeutig, weiterhin gelte es, einige Unklarheiten aufzuklären und es stehe noch ein weiter Weg bevor.

Welches die Unklarheiten sind, behält Laridschani standhaft für sich. So dienen Gespräche, die er mit Solana geführt hat und offenbar auch vorhat, weiterhin zu führen, ganz offenbar in erster Linie einem Ziel: Der Iran will Zeit gewinnen und er will - sich selbst und der Welt - demonstrieren, dass er sich sein Handeln nicht vom Ausland diktieren lässt. Schon gar nicht von den Vereinigten Staaten.

Solch eine Haltung verträgt sich freilich nicht mit der immer wieder vorgebrachten Erklärung, die Vorschläge des Westens enthielten "durchaus positive Punkte". Auch diese aber spezifiziert Laridschani nicht.

So ist die Lage, wie so oft schon zuvor: Teheran geht nicht auf westliche Vorschläge ein und Drohungen der USA schlägt es erst recht in den Wind. So hatte Washington bisher gewarnt, es werde den Fall erneut vor den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bringen, wenn Teheran nicht bis Mittwoch (12.7.) positiv antworte.

Washington hätte wissen müssen, dass Ultimaten dieser Art der sicherste Weg sind, Teheran in eine "Jetzt-erst-recht"-Haltung zu drängen: Die Iraner sind dazu viel zu stolz und selbstbewusst.

Und sie wissen natürlich auch, dass die Drohung mit dem Sicherheitsrat auch diesmal eine leere Drohung bleiben dürfte: Die USA hatten den Fall ja bereits einmal vor das UN-Gremium gepuscht, dann aber dort erleben müssen, dass man sich nicht auf eine gemeinsame Linie einigen konnte. Und die Angelegenheit wurde zurück überwiesen an die Wiener Atomenergiebehörde (IAEA).

Diesmal hofft US-Präsident George W. Bush offenbar, den G8-Gipfel von Sankt Petersburg nutzen zu können, um die Russen - und dann die Chinesen - auf seinen Kurs zu bringen. Beide haben aber bisher immer wieder versichert, dass sie zwar gegen iranische Atomwaffen seien, dass sie Teheran aber durchaus mehr Zeit einzuräumen bereit seien.

Was da in den letzten drei Jahren abläuft, ist deswegen wohl in erster Linie ein Machtspiel zwischen Washington und Teheran, bei dem die Europäer zwar mitspielen, aber nicht in den Hauptrollen, in denen sie sich gelegentlich zu fühlen scheinen. Die EU hat weder die Macht noch - aus wirtschaftlichen Gründen - eigentlich ein Interesse, den Iran zu etwas zu zwingen.

Die USA hätten vielleicht die Macht dazu, angesichts der Zustände im Irak aber kaum ein wirkliches Interesse daran. So wird dem Westen letztlich kaum anderes übrig bleiben, als den 22. August abzuwarten. Warum auch immer: Für diesen Tag nämlich hat Teheran die erwartete Antwort angekündigt. Alles andere vorher dürfte Zeitverschwendung sein.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE 2006

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