'Was halten die Deutschen vom Islam?'

Sind die Deutschen bereit, muslimische Mitbürger zu akzeptieren und zu integrieren? Eine neue Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung geht dem Verhältnis der Deutschen zum Islam nach.

Berlin-Kreuzberg; Foto: AP

​​"Deutschland ist ein christliches Land. Muslimische Bräuche haben hier nichts zu suchen." Das klingt nach einer typisch deutschen Haltung – die aber gar nicht repräsentativ ist. Die jüngste Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung unter jeweils 1000 Ost- und Westdeutschen kommt zu einem anderen Ergebniss: Die Deutschen sind gegenüber dem Islam toleranter als sie glaubten. Emine Demirbüken, Ausländerbeauftragte im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg und Betreuerin der Studie, zeigte sich positiv überrascht, "da in der gesamt-gesellschaftlichen Atmosphäre immer dargestellt wird, dass die Deutschen gegen den Islam seien, dass Muslime sich hier gefälligst anzupassen hätten und dass sie ihre Religion nicht sichtbar ausüben sollten."

Muslime müssen sich nicht verstecken

Aber gerade bei der Frage, ob Muslime in Deutschland ihrer Religion ohne Einschränkungen nachgehen sollten, haben zwei Drittel der Befragten zugestimmt. Wobei man im Westen des Landes toleranter ist als im Osten, wo es noch immer weniger Berührung mit Muslimen gibt - der Ausländeranteil ist geringer.

Gewisse Ängste bestehen dennoch: Die Hälfte aller Deutschen zweifelt an der Toleranz des Islam gegenüber anderen Religionen und Lebensweisen. Der 11. September 2001 und die Folgen haben diese Unsicherheit zweifellos verstärkt. Deshalb fordert Demirbüken "eine offensive Auseinandersetzung zum Thema Islam. Aber nicht Islam als politische Bewegung sondern Islam als Religionslehre."

"Kopftuchdebatte symbolischer Akt"

Ein erster Schritt in diese Richtung wäre, Islamunterricht an Schulen staatlich anzuerkennen und mit christlichem Religionsunterricht gleichzusetzen. Dort, wo er stattfindet, wird Islamunterricht bisher muslimischen Organisationen überlassen. Das macht den Islam zum Sonderfall und erschwert die Aufklärung. Zum Beispiel auch darüber, warum viele muslimische Frauen ein Kopftuch tragen. An der Kopftuch-Frage hat sich eine öffentliche Debatte entzündet, die jetzt vor der höchsten juristischen Instanz, dem Bundesverfassungsgericht, verhandelt wird. Einer Muslimin war in Baden-Würtenberg der Lehrauftrag an einer Schule verweigert worden, weil sie es ablehnte, das Kopftuch im Unterricht abzunehmen. Emine Demirbüken findet, dass es soweit nicht hätte kommen müssen. "Wenn man vom Ergebnis dieser Umfrage unter diesen 2000 Bundesbürgern ausgeht, dann könnte man zu der Schlussfolgerung kommen, dass das Kopftuch als eine Normalität angesehen wird. Ich bedaure sehr, dass die Kopftuchdebatte in juristische Paragraphen und Instanzen hineingedrängt wurde. Ich finde es unerträglich, dass daraus ein symbolischer Akt gemacht wird."

"Empfundene Normalität wäre wünschenswert"

Ein symbolischer Akt, aber vielleicht auch eine Hürde, die genommen werden muss auf dem Weg zu einer Normalität im Umgang mit dem Islam. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird im Juli fallen. Danach könnte Emine Demirbüken ihrem Anspruch vom Umgang mit Islam in Deutschland ein Stück näher sein. "Wünschenswert wäre, dass man die Erscheinungsbilder dieser Gesellschaft, und dazu gehört auch das Tragen eines Kopftuchs, als Normalität empfindet. Das ist aber natürlich eine Sichtweise, die erst mal in Schulen vermittelt werden muss - dass man eine Kopftuchträgerin nicht als Kopftuchträgerin wahrnimmt, sondern als Lehrerin."

Vanessa Fischer, Deutsche Welle © Deutsche Welle 2003

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