Deutsch-Ägypterin ringt in Kairo um Freilassung ihres Vaters

Sie beschimpfte Ägyptens Präsident Al-Sisi bei einem Berliner Termin als «Mörder», jetzt wird ihr Vater in Kairo festgenommen. Die Ärztin und Aktivistin Fagr Eladly bemüht sich um seine Freilassung – und vermutet eine Vergeltungsaktion für ihre laute Kritik am Staatschef.

Kairo/Wiesbaden - Eine in Wiesbaden lebende Deutsch-Ägypterin, die bekannt wurde für ihre scharfe Kritik an Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi, ringt in Kairo um die Freilassung ihres Vaters. «Es ist einfach nur schockierend und skandalös», sagte Fagr Eladly der Deutschen Presse-Agentur über die Situation ihres Vaters Alaa (59).

Der lebt ebenfalls in Deutschland und wurde kürzlich am Kairoer Flughafen festgenommen. «Es ist ein rein politischer Fall. Mein Vater sitzt umsonst in Haft, wird umsonst seiner Freiheit beraubt», sagt Eladly. Er sei das jüngste Beispiel mutmaßlicher Sippenhaft in dem nordafrikanischen Land.

Alaa Eladly besitzt als einziger der Wiesbadener Familie keine deutsche Staatsangehörigkeit zusätzlich zur ägyptischen. Bei Einreise zu einem Familienbesuch wurde er vor einer Woche in Kairo festgenommen, seitdem hat die Familie keinen direkten Kontakt mehr zu ihm. Ihm werden die «Verbreitung von Falschnachrichten» und Mitgliedschaft in einer verbotenen Vereinigung vorgeworfen. Unter solchen Vorwürfen, die Menschenrechtler als erfunden und politisch motiviert bezeichnen, werden in Ägypten immer wieder Kritiker der Regierung inhaftiert.

Fagr Eladly, die heute als Assistenzärztin arbeitet, sorgte 2015 für Aufsehen, als sie Al-Sisi bei einer Pressekonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel in Berlin als «Mörder» beschimpfte. Nun vermutet die Familie hinter der Festnahme eine Vergeltung. Sie habe nie geglaubt, dass die damalige Aktion jemandem schaden könne außer ihr selbst, sagte Eladly. Dennoch sagte sie: «Ich bereue es nicht.» Sie bemüht sich nun mit Mutter und Bruder um die Freilassung des Vaters.

Al-Sisi war in Ägypten 2013 als Oberbefehlshaber der Armee mit einem Putsch an die Macht gekommen. Seitdem werden Kritiker mit aller Härte verfolgt. Schätzungsweise 60 000 Oppositionelle wurden nach Angaben von Menschenrechtlern teils ohne Prozess inhaftiert. Die Regierung begründet das Vorgehen dagegen mit dem Kampf gegen Terroristen.

Auch Verwandte von im Ausland lebenden Kritikern wurden immer wieder festgenommen, zuletzt am Dienstag etwa der Vater des in Belgien lebenden Journalisten Ahmed Gamal Siada. Es traf mit Razzien und Festnahmen auch Verwandte des in den USA lebenden Menschenrechtlers Mohammed Sultan sowie des früheren Abgeordneten Ahmed Tantawi, der längere Zeit im Libanon lebte, und der bei der Präsidentschaftswahl in Ägypten 2024 antreten will.

Die Regierung nutze «Familien als Spielkarten» im Versuch, Abweichler im Ausland zum Schweigen zu bringen, erklärte die Organisation Human Rights Watch bereits vor zwei Jahren. Zudem gibt es Berichte, die Ägypten zusammen mit China und der Türkei als besonders erfolgreich darin sehen, Kritiker auch in anderen Ländern zum Schweigen zu bringen. (dpa)

 

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