Regierungschef befürchtet tausende Tote nach Überschwemmungen in Libyen

Bengasi - Der Osten Libyens ist vom Sturmtief "Daniel" und heftigen Überschwemmungen heimgesucht worden, bei denen mindestens 150 Menschen uns Leben gekommen sind. Opfer gab es in der Küstenstadt Derna, der Region um die Küstenstadt Dschabal Al-Achdar sowie in den Vororten der Stadt Al-Mardsch, wie Behördenvertreter am Montag mitteilten.

Der in Ostlibyen herrschende Regierungschef Ussama Hamad sagte dem Fernsehsender Amasar, er gehe von "mehr als 2000 Toten und tausenden Vermissten" allein in Derna aus. Seitens der Rettungs- und Sicherheitskräfte wurde diese Schätzung zunächst nicht bestätigt. Das Sturmtief habe zudem erhebliche Schäden verursacht. Die an der Küste gelegene Großstadt Derna liegt 900 Kilometer östlich der libyschen Hauptstadt Tripolis. 2018 wurde Derna bei Kämpfen zwischen Truppen des im Osten mächtigen Generals Chalifa Haftar und islamistischen Kämpfern schwer beschädigt.



Die Regenfälle ließen ein durch die Stadt führendes Flussbett über die Ufer treten. Wie auf von Medien verbreiteten Aufnahmen zu sehen war, überfluteten die Wassermassen zahlreiche an den Ufern gelegene Gebäude. Derna sei "Katastrophengebiet", erklärte Regierungschef Hamad. Ein Beamter des Stadtrats berichtete im TV-Sender Libya al-Ahrar vom Einsturz vier wichtiger Brücken und zweier Dämme in Derna. Er unterstrich die Notwendigkeit einer "nationalen und internationalen Intervention". Der Chef des Präsidialrats, Mohamed al-Manfi, bat im Onlinedienst Facebook "brüderliche und befreundete Länder und internationale Organisationen" um Hilfe.



Begleitet von heftigem Regen hatte das Sturmtief "Daniel" am Sonntagnachmittag den Osten Libyens erfasst. Auch die Hafenstadt Bengasi war betroffen - dort wurde eine Ausgangssperre verhängt, die Schulen wurden geschlossen. Die Region war bereits seit Tagen von starken Regenfällen betroffen. Nach Angaben der Behörden waren hunderte Menschen in schwer zugänglichen Gebieten von der Außenwelt abgeschnitten. Vom Militär unterstützte Rettungsteams versuchten, zu ihnen vorzudringen.



Im Osten Libyens befinden sich die größten Erdöl-Felder und Hafenterminals für den Ölexport. Die nationale Ölfördergesellschaft (NOC) verhängte angesichts der Überschwemmungen die höchste Alarmstufe und fuhr die Förderaktivität deutlich zurück.



Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach dem "libyschen Volk" seine "Solidarität" aus und erklärte, das Land mobilisiere Ressourcen, um Soforthilfe zu leisten. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, sprach den Betroffenen sein "Mitgefühl und Beileid" aus und erklärte, Washington arbeite mit den Vereinten Nationen und den libyschen Behörden zusammen, um Hilfe zu leisten.



"Daniel" war zuvor mit extremem Starkregen über Griechenland, der Türkei und Bulgarien hinweggezogen. Vor allem im griechischen Thessalien sorgte das Sturmtief für Überschwemmungen. Bis Sonntag meldeten die griechischen Behörden 15 Todesopfer, zwei Menschen wurden nach Angaben des Zivilschutzes noch vermisst. In der Türkei und Bulgarien kamen laut den Behörden zwölf Menschen ums Leben.  (AFP)