Die Öl- und Gaslobby sitzt bei der Klimakonferenz in Dubai mit am Tisch

Die Skyline von Dubai, wo die nächste UN-Klimakonferenz im November und Dezember stattfinden wird.
Die Skyline von Dubai, wo die nächste UN-Klimakonferenz im November und Dezember stattfinden wird. (Foto: Sasha Pritchard/aal.photo/IMAGO)

Kairo. Ehrgeizigen Beschlüssen bei den UN-Klimakonferenzen stehen oft nationale Interessen im Weg, nicht zuletzt die des Gastgeberlandes. Bei der kommenden Weltklimakonferenz (COP28), die am 30. November in Dubai beginnt, wird nach Einschätzung von Experten der Kampf um einen Ausstieg aus klimaschädlichem Erdöl und Erdgas besonders hart geführt werden. Schließlich ist das Gastgeberland, die Vereinigten Arabischen Emirate, selbst ein großer Exporteur von Gas und Öl.

Es handele sich in Wirklichkeit um einen "Ölkonzern, der über einen eigenen Staat verfügt", sagt ein Beobachter, der anonym bleiben möchte, über die Emirate. Und dass Sultan Ahmed al-Dschaber und damit ausgerechnet der Chef des staatlichen Ölkonzerns ADNOC die Präsidentschaft der COP28 übernommen hat, stößt nicht nur bei Klimaaktivisten auf Kritik.

COP28-Generaldirektor Madschid al-Suwaidi weist die Vorbehalte gegenüber seinem Land zurück. "Die Emirate sind ein führendes Land in Sachen Klimawandel, wir haben unseren Teil der Arbeit getan", versicherte er im September. Ahmed El Droubi, internationaler Kampagnenleiter vom Climate Action Network (CAN), sieht in den nationalen Interessen einen der "Mängel der COP" - und dies gelte insbesondere für die Interessen des Gastgeberlandes. So habe bei der COP27 vergangenes Jahr im ägyptischen Scharm el-Scheich in letzter Minute die Unterstützung von "Energien mit niedrigen Emissionen" wie Erdgas in die Beschlusstexte Eingang gefunden.

Das passt zu den Milliardeninvestitionen, die Ägypten in den vergangenen Jahren in Erdgas gesteckt hat - und dazu, dass bei der COP27 eine Rekordzahl an Lobbyisten der fossilen Energieträger vertreten war.

In Dubai sei aber keine Zeit mehr, bei Klimaschutzbeschlüssen herum zu lavieren, warnen Umweltorganisationen. Um das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, in Reichweite zu halten, muss der globale Treibhausgasausstoß laut Weltklimarat IPCC bis zum Ende dieses Jahrzehnts um 43 Prozent im Vergleich zum Niveau von 2019 verringert werden.

Derzeit gebe es aber "überhaupt keine Verringerung", sagt Karim Elgendy von der Londoner Denkfabrik Chatham House. Das Handlungs-Zeitfenster sei "wirklich winzig klein". Bereits 2025 müsse der Höhepunkt der weltweiten Treibhausgasemissionen erreicht sein.
COP-Präsident al-Dschaber kennt diese Warnungen schon von seinen Teilnahmen an früheren Weltklimakonferenzen. Bei der COP28 ist er allerdings nicht der einzige einflussreiche Verhandlungsführer mit Verbindungen zur fossilen Industrie. Der neue EU-Klimakommissar, der Niederländer Wopke Hoekstra, arbeitete früher für den Ölkonzern Shell.

CAN-Kampagnenleiter El Droubi beurteilt al-Dschaber nicht gänzlich negativ. So habe der Emirati "das Fortschrittlichste geäußert, was ein COP-Präsident je gesagt hat: 'Die Verringerung der fossilen Energien ist unvermeidlich'". Doch al-Dschaber betont auch immer wieder, dass Gas und Öl noch gebraucht würden. Bei der Energiewende hin zu Erneuerbaren müsse "die Realtität von Phantasievorstellungen" unterschieden werden.

Klima-Experte Elgendy sieht ein bisschen Bewegung bei Ölstaaten wie den Emiraten und Saudi-Arabien. Statt einer Blockadehaltung nähmen sie in den internationalen Klimaverhandlungen mittlerweile eine differenziertere Haltung ein. Auf den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 wollten sie zwar auch in Zukunft nicht verzichten, sie beabsichtigten aber nun nach eigenen Angaben, das Klimagas abzuscheiden und unschädlich zu lagern. Erneuerbare Energien wären demnach nur eine Ergänzung.

Umweltschützern zufolge bleibt für eine solche Strategie im Kampf gegen die Klimakrise aber nicht genügend Zeit. Aktivisten wie El Droubi setzen auf die Erneuerbaren und fordern die Streichung aller Subventionen für fossile Energieträger, die derzeit laut Internationalem Währungsfonds etwa sieben Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Außerdem betonen sie, dass die Technologien zur Abscheidung und Lagerung von CO2 noch nicht ausgereift und potenziell gefährlich seien.

Auch den Zertifikate-Handel zur Kompensation von Treibhausgasemissionen halten viele für Scheinlösungen, da diese Systeme nicht selten Schlupflöcher für "Greenwashing" böten. Mit solchen vermeintlichen Klimaschutzmaßnahmen werde den Menschen "häufig Sand in die Augen gestreut", sagt etwa die Klimaexpertin Farhana Sultana von der US-Uni Syracuse.

Elgendy will die CO2-Abscheidung und Zertifikatehandel nicht als "Ablenkungsmanöver" verurteilen. Aber bis diese Methoden sicher nutzbar seien, dauere es Jahre - "und wir haben diese Zeit nicht". (AFP)