Ägypten: Ex-Präsidentschaftskandidat zu einem Jahr Haft verurteilt

Präsidentschaftswahlen in Ägypten Al Sisi überall
Präsidentschaftswahlen in Ägypten: 90 Prozent der Stimmen für Al-Sisi (Foto: Amr Abdallah Dalsh/REUTERS)

Kairo. Der ägyptische Politiker Ahmed al-Tantaui, der bei der Präsidentenwahl im Dezember als einzig ernsthafter Gegner von Amtsinhaber Abdel Fattah al-Sisi galt, ist wegen Verstößen gegen Wahlvorschriften zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Al-Tantaui darf nach dem Urteil, bei dem auch sein Wahlkampfberater und 21 seiner Unterstützer zu Haftstrafen verurteilt wurden, fünf Jahre lang bei keiner landesweiten Wahl in Ägypten mehr antreten. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bezeichnete das Urteil am Donnerstag als «klare Botschaft, dass ernsthafte Gegner Al-Sisis nicht toleriert werden». 

Al-Sisi, der in Ägypten vor zehn Jahren nach einem Militärputsch an die Macht kam, war bei der Wahl im Dezember mit großer Mehrheit von fast 90 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden. Er kann damit mindestens bis zum Jahr 2030 im Amt bleiben. Eine ernst zu nehmende Opposition gab es bei der Wahl im Dezember nicht. Von den drei Gegenkandidaten erreichte keiner fünf Prozent der abgegebenen Stimmen.
 
Laut Kritikern gab es seit Al-Sisis Machtübernahme keine freie Wahl mehr im Land, und jegliche ernsthafte Opposition wurde nahezu komplett erstickt. Al-Tantaui gewann bis zum Herbst dennoch deutlichen an Rückhalt. Als Mitarbeiter dazu aufriefen, inoffizielle Unterstützer-Briefe zu schreiben, wurden sie wegen Verstößen gegen Wahlvorschriften festgenommen. Al-Tantaui und seine Mitarbeiter wurden nun verurteilt, weil sie inoffizielle Unterlagen im Zusammenhang mit der Wahl druckten und in Umlauf brachten.

Al-Tantaui zog seine Kandidatur nach Berichten von Schikanen und unrechtmäßigen Festnahmen gegen seine Unterstützer schließlich zurück. Der Egyptian Initiative for Personal Rights (EIPR) zufolge wurden mehr als 120 Menschen im Zusammenhang mit seiner Kampagne festgenommen. Die ägyptischen Behörden bestreiten die Vorwürfe. 

Human Rights Watch bezeichnete das Urteil als «Vergeltung» für Al-Tantauis Kampagne. Es richte sich einzig gegen seinen friedlichen politischen Aktivismus. Der «groteske Wahlprozess» in Ägypten stelle «die Ein-Mann-Herrschaft sicher und vernichtet das Recht der Ägypter auf ernsthafte politische Teilhabe». Die ägyptischen Behörden äußerten sich zunächst nicht. (dpa)