Diktator und Friedensstifter

Der jüngste Besuch Hosni Mubaraks in Washington soll die strategische Allianz zwischen den USA und Ägypten stärken. Doch obwohl Mubarak als Partner des Westens ständig hofiert wird, ist längst bekannt, dass er alles andere als ein lupenreiner Demokrat ist. Von Hassan Znined

Der jüngste Besuch Hosni Mubaraks in Washington soll die strategische Allianz zwischen den USA und Ägypten stärken. Doch obwohl Mubarak als Partner des Westens ständig hofiert wird, ist längst bekannt, dass er alles andere als ein lupenreiner Demokrat ist. Ein Bericht von Hassan Znined

Hosni Mubarak (links) zu Besuch bei US-Präsident Obama; Foto: AP
Amerikanisch-ägyptische Freundschaft: Eine Allianz, die den Turbulenzen im Nahen Osten standhält, die aber wegen der Menschenrechtsverletzungen und Demokratiedefizite in Ägypten permanent kritisiert wird.

​​Für die einen ist er ein weiser Friedensstifter, für die anderen ein Diktator - der ägyptische Präsident Hosni Mubarak ist in gewisser Weise beides: eine Art geringstes Übel für den Westen, der es vorzieht, lieber mit dem autoritären Pharao Geschäfte zu machen als mit einem "unberechenbaren Tyrannen".

Mubarak hatte die Macht unter dramatischen Umständen im Jahr 1981 übernommen. Die Szene hat für immer die Geschichte des Nahen Ostens geprägt, als während einer Militärparade militante Islamisten den damaligen Präsidenten Anwar Sadat töteten. Grund war der Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel, den Sadat zwei Jahre zuvor unterzeichnet hatte.

Mubarak war damals Sadats Stellvertreter, stand neben ihm und entkam dem sicheren Tod wie durch ein Wunder. Dieser Moment ist Inbegriff für die psychologischen Grundlagen der Mubarak-Ära in der Außen- wie in der Innenpolitik.

Erfolg durch Dialog

Anwar Sadat (rechts) und Hosni Mubarak; Foto: AP
Außenpolitische Kontinuität: Hosni Mubarak (links im Bild) setzte den pro-westlichen Kurs seines Vorgängers, Anwar al-Sadat, fort.

​​ Außenpolitisch hat sich Mubarak für Kontinuität entschieden. Er ist sich bewusst, dass sich die wirklichen Erfolge nur durch den Dialog realisieren lassen. So konnte Ägypten alle von Israel 1967 besetzten Gebiete durch Verhandlungen zurückerhalten.

Als Vermittler strebt er nach Frieden zwischen Israelis und Palästinensern nach dem gleichen Muster. Der Schlüssel sei der Dialog, so Mubarak: "Wir müssen alles tun, um die beiden Parteien zusammen zu bringen. Sie sollen sich zusammensetzen, ob sie wollen oder nicht. Wir müssen eine Lösung finden, wir müssen den Teufelskreis durchbrechen und Sichtweisen ändern mithilfe oder Initiativen von Ägypten und anderen Ländern. Es gibt keinen anderen Weg."

Eine gemäßigte Stimme also, die in den westlichen Hauptstädten geschätzt wird. Diese sehen in Mubarak einen Faktor für Stabilität in der Region und einen zuverlässigen Verbündeten gegen den Extremismus. Das Land profitiert ebenfalls davon, schließlich steht Ägypten nach Israel an zweiter Stelle der Länder, die wirtschaftliche und militärische Hilfe von den USA erhalten.

Gegner bezeichnen ihn als "Verräter"

Innenpolitisch bereitet die Allianz mit dem Westen Mubarak eher Schwierigkeiten. Seine Gegner scheuen nicht davor zurück, ihn als Verräter zu bezeichnen. So regiert Mubarak das Land seit 1981 mit eiserner Hand und durch Notstandsgesetze - laut offizieller Lesart, um dem religiösen Fundamentalismus entgegenzutreten, der die ägyptische Gesellschaft tief durchdringe.

Tatsächlich sind die offiziell verbotenen Muslimbrüder bis heute die wichtigste oppositionelle Kraft und kontrollieren ein Fünftel des Parlaments, wo sie als "Unabhängige" vertreten sind.

Ayman Nour; Foto: AP
Kompromissloses Vorgehen gegen die Opposition: Der politische Gegenspieler Mubaraks und Vorsitzende der "Ghad"-Partei, Ayman Nour, war über mehrere Jahre inhaftiert.

​​Regelmäßig sind sie polizeilichen Übergriffen ausgesetzt, die von Menschenrechtsorganisationen kritisiert werden. Doch die Repressionen haben die Muslimbrüder nicht davon abgehalten, ihren Einfluss in der ägyptischen Gesellschaft weiter zu verstärken. In der Tat verbieten sogar die staatlichen Zensurorgane aus religiösen Gründen regelmäßig die Bücher von säkularen Intellektuellen.

"Unislamische" Wissenschaftler werden exkommuniziert, Homosexuelle verfolgt. Das Straßenbild in Ägypten ist mehr denn je geprägt von Kopftüchern und der Islamismus erfährt einen Zulauf.

Regime ohne Alternative?

Die säkularen Kräfte fühlen sich bedrängt und vom Westen im Stich gelassen, wie Georges Ishaq, Mitbegründer der Protestbewegung "Kifaya" (zu Deutsch: "Genug") erläutert:

"Warum unterstützen der Westen und die USA ein despotisches Regime? Es ist bewiesen, dass diese Unterstützung den demokratischen Kräften in den arabischen Gesellschaften schadet und der Totalitarismus davon profitiert", so Ishaq. "Das ist die Frage, die ich dem Westen stelle - warum diese Unterstützung? Warum spricht man von Freiheit und Demokratie nur in Studien und Berichten? Alles nur Gerede."

Jamal Mubarak (links); Foto: AP
Wird bereits als politischer Nachfolger Hosni Mubaraks aufgebaut: Sohn Jamal Mubarak (links im Bild)

​​ Mubarak nutzt die extremistische Gefahr geschickt, sowohl gegenüber dem Westen als auch hinsichtlich der liberalen und säkularen Opposition, um zu unterstreichen, dass sein Regime ohne Alternativen da steht. Ein Teil der Opposition ist allerdings der Ansicht, dass die westliche Unterstützung für das Regime die Entwicklung von Demokratie und Menschenrechten in Ägypten verhindert.

Zu diesen Anschuldigungen sagt Andreas Jacobs, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo: "Ich verstehe die Opposition natürlich, aber leider sind die demokratischen Kräfte gerade in Ägypten sehr schwach, sehr vereinzelt und auch politisch nicht einig. Viele oppositionelle Kräfte sind leider auch alles andere als demokratisch."

Spekulation um Nachfolger

Mubarak ist inzwischen 81 Jahre alt. Seit Jahren spekuliert man über seine Nachfolge. Vieles deutet auf eine "Dynastie-Lösung" wie in Syrien hin, was die arabischen Medien "Gumlukia", wörtlich also "Repu-Dynastie", nennen.

Mubarak würde also seinen Sohn Jamal diskret als seinen Nachfolger vorbereiten. Der ist momentan Planungschef der Staatspartei NDP und hat am Vorabend des USA-Besuchs seines Vaters sein erstes großes Interview in Washington gegeben. Dort wurde allerdings die Frage nach der Nachfolge sorgfältig vermieden, was die Spekulationen zusätzlich angeheizt hat.

Hassan Znined

© Deutsche Welle 2009

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